Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

Anhang.
der Vorderseite weg laufen zwo gerade Lindenalleen zur Rechten und zur Linken, an
der Einfassung des Waldes, ab. Auf der Hinterseite des Gebäudes ist der
Platz mit hohen Buchen von einem schönen Wuchs bekränzt.

[Abbildung]

Der Pavillon hat nur ein einziges Stockwerk, das aus einem Saale in der
Mitte und aus zwey Kabinetten auf den Seiten besteht. Der Saal ist geräu-
mig, hoch, helle, weißgegipset, und an den Wänden, der Decke und den Thü-
ren in einem guten Geschmack verziert; durch die hohen Fenster und Glasthüren
auf der vordern und hintern Seite erhält er viel Licht, und die schöne Aussicht lockt
aus allen Gegenden das Auge. Die zwey Kabinette sind klein und niedriger;
doch haben sie ebenfalls aus den Fenstern einen doppelten Prospect.

Das ganze Gebäude trägt das Gepräge einer reinen Architektur. Das la-
zurblaue Dach und der weiße Anstrich der Außenseiten machen schon in der Ferne auf
das Auge einen Eindruck, den die Betrachtung der guten Form in der Nähe vollendet.
Obgleich das Gebäude zur Ergötzung fürstlicher Personen bestimmt ist, so ist es
doch nicht mit dem gewöhnlichen Pomp der Auszierung beladen. Seine Schön-
heit schränkt sich auf wahre Schönheit der Architektur, auf Verhältnisse und Form
ein. Es ist nicht zur beständigen Bewohnung, sondern zur kurzen Erholung, zum
Genuß der Ergötzung der Natur bestimmt; und nach diesem Gebrauch ist seine Ein-
richtung abgemessen. Dieser Pavillon liegt ländlich, edel, frey, übereinstimmend mit
der Gegend, die nichts Erhabenes, nichts Feyerliches, nichts Romantisches hat, aber

sehr

Anhang.
der Vorderſeite weg laufen zwo gerade Lindenalleen zur Rechten und zur Linken, an
der Einfaſſung des Waldes, ab. Auf der Hinterſeite des Gebaͤudes iſt der
Platz mit hohen Buchen von einem ſchoͤnen Wuchs bekraͤnzt.

[Abbildung]

Der Pavillon hat nur ein einziges Stockwerk, das aus einem Saale in der
Mitte und aus zwey Kabinetten auf den Seiten beſteht. Der Saal iſt geraͤu-
mig, hoch, helle, weißgegipſet, und an den Waͤnden, der Decke und den Thuͤ-
ren in einem guten Geſchmack verziert; durch die hohen Fenſter und Glasthuͤren
auf der vordern und hintern Seite erhaͤlt er viel Licht, und die ſchoͤne Ausſicht lockt
aus allen Gegenden das Auge. Die zwey Kabinette ſind klein und niedriger;
doch haben ſie ebenfalls aus den Fenſtern einen doppelten Proſpect.

Das ganze Gebaͤude traͤgt das Gepraͤge einer reinen Architektur. Das la-
zurblaue Dach und der weiße Anſtrich der Außenſeiten machen ſchon in der Ferne auf
das Auge einen Eindruck, den die Betrachtung der guten Form in der Naͤhe vollendet.
Obgleich das Gebaͤude zur Ergoͤtzung fuͤrſtlicher Perſonen beſtimmt iſt, ſo iſt es
doch nicht mit dem gewoͤhnlichen Pomp der Auszierung beladen. Seine Schoͤn-
heit ſchraͤnkt ſich auf wahre Schoͤnheit der Architektur, auf Verhaͤltniſſe und Form
ein. Es iſt nicht zur beſtaͤndigen Bewohnung, ſondern zur kurzen Erholung, zum
Genuß der Ergoͤtzung der Natur beſtimmt; und nach dieſem Gebrauch iſt ſeine Ein-
richtung abgemeſſen. Dieſer Pavillon liegt laͤndlich, edel, frey, uͤbereinſtimmend mit
der Gegend, die nichts Erhabenes, nichts Feyerliches, nichts Romantiſches hat, aber

ſehr
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0156" n="152"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Anhang</hi>.</hi></fw><lb/>
der Vorder&#x017F;eite weg laufen zwo gerade Lindenalleen zur Rechten und zur Linken, an<lb/>
der Einfa&#x017F;&#x017F;ung des Waldes, ab. Auf der Hinter&#x017F;eite des Geba&#x0364;udes i&#x017F;t der<lb/>
Platz mit hohen Buchen von einem &#x017F;cho&#x0364;nen Wuchs bekra&#x0364;nzt.</p><lb/>
        <figure/>
        <p>Der Pavillon hat nur ein einziges Stockwerk, das aus einem Saale in der<lb/>
Mitte und aus zwey Kabinetten auf den Seiten be&#x017F;teht. Der Saal i&#x017F;t gera&#x0364;u-<lb/>
mig, hoch, helle, weißgegip&#x017F;et, und an den Wa&#x0364;nden, der Decke und den Thu&#x0364;-<lb/>
ren in einem guten Ge&#x017F;chmack verziert; durch die hohen Fen&#x017F;ter und Glasthu&#x0364;ren<lb/>
auf der vordern und hintern Seite erha&#x0364;lt er viel Licht, und die &#x017F;cho&#x0364;ne Aus&#x017F;icht lockt<lb/>
aus allen Gegenden das Auge. Die zwey Kabinette &#x017F;ind klein und niedriger;<lb/>
doch haben &#x017F;ie ebenfalls aus den Fen&#x017F;tern einen doppelten Pro&#x017F;pect.</p><lb/>
        <p>Das ganze Geba&#x0364;ude tra&#x0364;gt das Gepra&#x0364;ge einer reinen Architektur. Das la-<lb/>
zurblaue Dach und der weiße An&#x017F;trich der Außen&#x017F;eiten machen &#x017F;chon in der Ferne auf<lb/>
das Auge einen Eindruck, den die Betrachtung der guten Form in der Na&#x0364;he vollendet.<lb/>
Obgleich das Geba&#x0364;ude zur Ergo&#x0364;tzung fu&#x0364;r&#x017F;tlicher Per&#x017F;onen be&#x017F;timmt i&#x017F;t, &#x017F;o i&#x017F;t es<lb/>
doch nicht mit dem gewo&#x0364;hnlichen Pomp der Auszierung beladen. Seine Scho&#x0364;n-<lb/>
heit &#x017F;chra&#x0364;nkt &#x017F;ich auf wahre Scho&#x0364;nheit der Architektur, auf Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e und Form<lb/>
ein. Es i&#x017F;t nicht zur be&#x017F;ta&#x0364;ndigen Bewohnung, &#x017F;ondern zur kurzen Erholung, zum<lb/>
Genuß der Ergo&#x0364;tzung der Natur be&#x017F;timmt; und nach die&#x017F;em Gebrauch i&#x017F;t &#x017F;eine Ein-<lb/>
richtung abgeme&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;er Pavillon liegt la&#x0364;ndlich, edel, frey, u&#x0364;berein&#x017F;timmend mit<lb/>
der Gegend, die nichts Erhabenes, nichts Feyerliches, nichts Romanti&#x017F;ches hat, aber<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ehr</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[152/0156] Anhang. der Vorderſeite weg laufen zwo gerade Lindenalleen zur Rechten und zur Linken, an der Einfaſſung des Waldes, ab. Auf der Hinterſeite des Gebaͤudes iſt der Platz mit hohen Buchen von einem ſchoͤnen Wuchs bekraͤnzt. [Abbildung] Der Pavillon hat nur ein einziges Stockwerk, das aus einem Saale in der Mitte und aus zwey Kabinetten auf den Seiten beſteht. Der Saal iſt geraͤu- mig, hoch, helle, weißgegipſet, und an den Waͤnden, der Decke und den Thuͤ- ren in einem guten Geſchmack verziert; durch die hohen Fenſter und Glasthuͤren auf der vordern und hintern Seite erhaͤlt er viel Licht, und die ſchoͤne Ausſicht lockt aus allen Gegenden das Auge. Die zwey Kabinette ſind klein und niedriger; doch haben ſie ebenfalls aus den Fenſtern einen doppelten Proſpect. Das ganze Gebaͤude traͤgt das Gepraͤge einer reinen Architektur. Das la- zurblaue Dach und der weiße Anſtrich der Außenſeiten machen ſchon in der Ferne auf das Auge einen Eindruck, den die Betrachtung der guten Form in der Naͤhe vollendet. Obgleich das Gebaͤude zur Ergoͤtzung fuͤrſtlicher Perſonen beſtimmt iſt, ſo iſt es doch nicht mit dem gewoͤhnlichen Pomp der Auszierung beladen. Seine Schoͤn- heit ſchraͤnkt ſich auf wahre Schoͤnheit der Architektur, auf Verhaͤltniſſe und Form ein. Es iſt nicht zur beſtaͤndigen Bewohnung, ſondern zur kurzen Erholung, zum Genuß der Ergoͤtzung der Natur beſtimmt; und nach dieſem Gebrauch iſt ſeine Ein- richtung abgemeſſen. Dieſer Pavillon liegt laͤndlich, edel, frey, uͤbereinſtimmend mit der Gegend, die nichts Erhabenes, nichts Feyerliches, nichts Romantiſches hat, aber ſehr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/156
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/156>, abgerufen am 04.12.2024.