Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

Fuͤnfter Abſchnitt.
nen, wird der Reiz eines Bachs am beſten Eindruck machen; er wird nicht blos an-
locken, ſondern auch unterhalten. Er wird durch ſein Gemurmel zum Nachdenken
einladen, und ein belebendes Gefuͤhl von laͤndlicher Ergoͤtzung und Ruhe einfloͤßen.
Und neben dem Bach ein Bad im Gebuͤſch mit wohlriechenden Bluͤhten; oder ein
Raſenſitz, eine ſchattenreiche Laube zum Schlaf, worin das Geraͤuſch eines nahen
Waſſerfalls einwiegt; oder eine Hecke voll Nachtigallen, die durch die ruhige Ein-
oͤde hin von dem Gluͤck ungeſtoͤrter Liebe ſingen — welche liebliche ſanftruͤhrende
Scene!

Hier iſt der Bach in einer gluͤcklichen Verbindung. Denn ob er gleich wegen
der Bewegung und des Geraͤuſches faſt uͤberall gefaͤllt, ſo wird doch ſein Eindruck be-
ſtimmter und fuͤhlbarer, wenn er mit dem Auftritt im Verhaͤltniß ſteht. In einem
hohen Eichenwalde, in einem großen Gebuͤrge wuͤrde er ohne Wirkung ſeyn. Nicht
weniger wuͤrde er den Eindruͤcken der Scene widerſprechen, wenn er bey einem Trauer-
monumente hell voruͤberrieſelte.

Das Geraͤuſch eines Bachs iſt kein unbetraͤchtliches Mittel, eine kleine Gegend
zu beleben, zumal da es mancherley Abaͤnderungen in dem Hellen und Dunkeln, in
dem Scharfen und Sanften des Tons, faͤhig iſt. Der Gartenkuͤnſtler hat dieſe Ab-
aͤnderungen in ſeiner Macht; er kann die Bewegung und den Ton verſtaͤrken, vermin-
dern und beſtimmen wie er will, indem er Abhaͤngigkeit, Vertiefung und Erhoͤhung
des Bodens, Abfaͤlle, Unterlagen, Wegnehmung oder Vorwerfung natuͤrlicher Hin-
derniſſe frey anordnen kann.

Durch eben dieſe Abaͤnderungen in der Bewegung und dem Ton wird ein Bach
ſehr geſchickt, den verſchiedenen Charakter der Scenen, womit er in Verbindung ge-
ſetzt wird, mehr zu heben. Bey Grotten ſey ſein Waſſer verſteckt, ſeine Bewegung
ein Gemurmel. In einem offenen und heitern Luſthain kruͤmme er ſeinen Lauf man-
nichfaltig, glaͤnze hervor, und verberge ſich wieder, mit einem geſchwinden Gang
und mit lebhafterm Geraͤuſch. Um eine hellgruͤne Laube und um ein Blumenrevier
ſey er luſtig forteilend, lautrieſelnd uͤber kleine Abſaͤtze hin, ſich kraͤuſelnd und ſpielend
mit einem klaren und durchſichtigen Waſſer auf einem reinen Boden, worauf Kies
und Steinchen von mannichfaltigen Farben ſchimmern moͤgen.

Baͤche, die entweder ſehr klein und ſchmal, oder in lauter einzelne einander aͤhn-
liche Theilchen zerſchnitten ſind, geben keine wahre Verſchoͤnerung; im letztern Fall er-
regen ſie ſogar Verwirrung, beſonders wenn eine Menge ſolcher Theilchen auf einmal
in die Augen faͤllt. Ein anderer Uebelſtand entſpringt, wenn man bey angelegten
Baͤchen, in der Abſicht die gerade Linie zu vermeiden, auf gar zu gezirkelte Kruͤmmun-
gen faͤllt, die ein kuͤnſtliches und widriges Anſehen haben.

Baͤche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/116
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/116>, abgerufen am 18.02.2025.