Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.Zweyter Abschnitt. Von den verschiedenen Charakteren natürliche Anhöhe heruntergrub, und, wo noch eine Erhöhung von einigen Stufengeduldet ward, blos steinerne Terrassen aufstellte. Die Ebenen, Anhöhen und Vertiefungen können theils durch ihre Ausdehnung 4. Felsen. Felsen, die roh und unbekleidet sind, haben an sich etwas unangenehmes, in- Wenn die Natur Felsen in einen ausgebreiteten Gartenplatz gelegt hat, so muß In ausgedehnten Revieren sind Felsen oft Hauptgegenstände, indem sie den immer
Zweyter Abſchnitt. Von den verſchiedenen Charakteren natuͤrliche Anhoͤhe heruntergrub, und, wo noch eine Erhoͤhung von einigen Stufengeduldet ward, blos ſteinerne Terraſſen aufſtellte. Die Ebenen, Anhoͤhen und Vertiefungen koͤnnen theils durch ihre Ausdehnung 4. Felſen. Felſen, die roh und unbekleidet ſind, haben an ſich etwas unangenehmes, in- Wenn die Natur Felſen in einen ausgebreiteten Gartenplatz gelegt hat, ſo muß In ausgedehnten Revieren ſind Felſen oft Hauptgegenſtaͤnde, indem ſie den immer
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Zweyter Abſchnitt. Von den verſchiedenen Charakteren
natuͤrliche Anhoͤhe heruntergrub, und, wo noch eine Erhoͤhung von einigen Stufen
geduldet ward, blos ſteinerne Terraſſen aufſtellte.
Die Ebenen, Anhoͤhen und Vertiefungen koͤnnen theils durch ihre Ausdehnung
und Groͤße, theils durch ihre gegenſeitigen Verhaͤltniſſe, theils durch ihre Verbin-
dungen unter einander ſehr verſchieden und abwechſelnd ſeyn. Die Beſtimmung der
Verhaͤltniſſe und die Ausfuͤhrung der Verbindung erfordert in Gaͤrten unſtreitig die
groͤßte Kunſt, weil hier faſt alles darauf ankoͤmmt, die Kunſt zu verbergen. Wenn
die Anlagen nicht ſchon von der Natur zubereitet ſind, ſondern erſt gemacht werden
ſollen; ſo iſt nichts leichter, als daß ſie ein kuͤnſtliches Anſehen annehmen, und nichts
ſchwerer, als dieſes verhindern. Die Theilungslinien muͤſſen bedeckt, die Abwech-
ſelung der Stuͤcke, ungeachtet des engern Raums, worin ein Garten vor der Land-
ſchaft eingeſchloſſen iſt, beobachtet werden, und zwar auf einem Boden, wo erſt die
Laͤnge der Zeit die Spuren von den Beſtrebungen der Kunſt ausloͤſchen kann. In-
deſſen wird das aufmerkſame Nachdenken und Vergleichen bey der Bearbeitung eines
beſtimmten Platzes, womit ſich der Gartenkuͤnſtler beſchaͤftigt, ihm mehr nuͤtzliche
Anleitungen herbeyfuͤhren, als allgemeine Vorſchriften bewirken koͤnnen.
4.
Felſen.
Felſen, die roh und unbekleidet ſind, haben an ſich etwas unangenehmes, in-
dem ſie den natuͤrlichen Charakter der Wildheit und der Wuͤſte an ſich tragen, und
ſind wenig intereſſant. In der Landſchaft koͤnnen ſie indeſſen durch ihre Hoͤhe, Aus-
dehnung und Rauhigkeit beſondere Scenen bilden, die, wenn man auch nicht auf
ihren Contraſt mit den angraͤnzenden und benachbarten Theilen ſehen will, vorzuͤglich
faͤhig ſind, Erſtaunen, Ehrfurcht, Schrecken und Schauder einzufloͤßen.
Wenn die Natur Felſen in einen ausgebreiteten Gartenplatz gelegt hat, ſo muß
man ſie fuͤr das Ganze zu nutzen ſuchen, ſo viel nur geſchehen kann. Allein kuͤnſtlich
angelegte Felſen ſind groͤßtentheils eine ſchwache Nachahmung ohne Intereſſe, verra-
then faſt immer die Hand und die Muͤhe des Menſchen, und außerdem vertragen ſie
ſich, als ſolche, ſelten mit den uͤbrigen Theilen, womit ſie in Verbindung gebracht
werden ſollen.
In ausgedehnten Revieren ſind Felſen oft Hauptgegenſtaͤnde, indem ſie den
Eindruck von Staͤrke und Wuͤrde ausbreiten, und der Landſchaft einen heroiſchen
Charakter mittheilen. Am meiſten aber, zumal in kleinern Bezirken der Parks,
koͤnnen ſie ſelten fuͤr etwas mehr als Nebendinge angeſehen werden. Doch ſind ſie
immer
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