Bald aber öffnet sich ein Strich von grünen Thälern, Die, hin und her gekrümmt, sich im Entfernen schmälern.
Ein Gemälde der Mannigfaltigkeit, das auf einem benachbarten Berge bey Bern, der Vaterstadt des Dichters, gemacht zu seyn scheint, weil es die Aussicht getreu nach der Natur trifft, ist dieses:
Die Hügel decken grüne Wälder, Wodurch der falbe Schein der Felder Mit angenehmem Glanze bricht; Dort schlängelt sich durchs Land, in unterbrochnen Stellen, Der reinen Aare wallend Licht; Hier lieget Nüchtlands Haupt (Bern) in Fried und Zuversicht In seinen nie erstiegnen Wällen. So weit das Auge reicht, herrscht Ruh und Ueberfluß; Selbst unterm braunen Stroh bemooster Bauernhütten Wird Freyheit hier gelitten, Und nach der Müh Genuß. Mit Schafen wimmelt dort die Erde, Davon der bunte Schwarm in Eile frißt und blökt; Wann dort der Rinder satte Heerde Sich auf den weichen Rasen streckt, Und den gehlümten Klee im Kauen doppelt schmeckt. Dort springt ein freyes Pferd mit sorgenlosem Sinn Durch neubewachsne Felder hin, Woran es oft gepflüget. Und jener Wald, wen läßt er unvergnüget? Wo dort im rothen Glanz halb nackte Buchen glühn, Und hier der Tannen fettes Grün Das bleiche Moos beschattet; Wo mancher helle Strahl auf seine Dunkelheit Ein zitternd Licht durch rege Stellen streut, Und in verschiedner Dichtigkeit Sich grüne Nacht mit güldnem Tage gattet.
Wie
Erſter Abſchnitt. Von den Gegenſtaͤnden
Bald aber oͤffnet ſich ein Strich von gruͤnen Thaͤlern, Die, hin und her gekruͤmmt, ſich im Entfernen ſchmaͤlern.
Ein Gemaͤlde der Mannigfaltigkeit, das auf einem benachbarten Berge bey Bern, der Vaterſtadt des Dichters, gemacht zu ſeyn ſcheint, weil es die Ausſicht getreu nach der Natur trifft, iſt dieſes:
Die Huͤgel decken gruͤne Waͤlder, Wodurch der falbe Schein der Felder Mit angenehmem Glanze bricht; Dort ſchlaͤngelt ſich durchs Land, in unterbrochnen Stellen, Der reinen Aare wallend Licht; Hier lieget Nuͤchtlands Haupt (Bern) in Fried und Zuverſicht In ſeinen nie erſtiegnen Waͤllen. So weit das Auge reicht, herrſcht Ruh und Ueberfluß; Selbſt unterm braunen Stroh bemooster Bauernhuͤtten Wird Freyheit hier gelitten, Und nach der Muͤh Genuß. Mit Schafen wimmelt dort die Erde, Davon der bunte Schwarm in Eile frißt und bloͤkt; Wann dort der Rinder ſatte Heerde Sich auf den weichen Raſen ſtreckt, Und den gehluͤmten Klee im Kauen doppelt ſchmeckt. Dort ſpringt ein freyes Pferd mit ſorgenloſem Sinn Durch neubewachsne Felder hin, Woran es oft gepfluͤget. Und jener Wald, wen laͤßt er unvergnuͤget? Wo dort im rothen Glanz halb nackte Buchen gluͤhn, Und hier der Tannen fettes Gruͤn Das bleiche Moos beſchattet; Wo mancher helle Strahl auf ſeine Dunkelheit Ein zitternd Licht durch rege Stellen ſtreut, Und in verſchiedner Dichtigkeit Sich gruͤne Nacht mit guͤldnem Tage gattet.
Wie
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Erſter Abſchnitt. Von den Gegenſtaͤnden
Bald aber oͤffnet ſich ein Strich von gruͤnen Thaͤlern,
Die, hin und her gekruͤmmt, ſich im Entfernen ſchmaͤlern.
Ein Gemaͤlde der Mannigfaltigkeit, das auf einem benachbarten Berge bey Bern,
der Vaterſtadt des Dichters, gemacht zu ſeyn ſcheint, weil es die Ausſicht getreu nach
der Natur trifft, iſt dieſes:
Die Huͤgel decken gruͤne Waͤlder,
Wodurch der falbe Schein der Felder
Mit angenehmem Glanze bricht;
Dort ſchlaͤngelt ſich durchs Land, in unterbrochnen Stellen,
Der reinen Aare wallend Licht;
Hier lieget Nuͤchtlands Haupt (Bern) in Fried und Zuverſicht
In ſeinen nie erſtiegnen Waͤllen.
So weit das Auge reicht, herrſcht Ruh und Ueberfluß;
Selbſt unterm braunen Stroh bemooster Bauernhuͤtten
Wird Freyheit hier gelitten,
Und nach der Muͤh Genuß.
Mit Schafen wimmelt dort die Erde,
Davon der bunte Schwarm in Eile frißt und bloͤkt;
Wann dort der Rinder ſatte Heerde
Sich auf den weichen Raſen ſtreckt,
Und den gehluͤmten Klee im Kauen doppelt ſchmeckt.
Dort ſpringt ein freyes Pferd mit ſorgenloſem Sinn
Durch neubewachsne Felder hin,
Woran es oft gepfluͤget.
Und jener Wald, wen laͤßt er unvergnuͤget?
Wo dort im rothen Glanz halb nackte Buchen gluͤhn,
Und hier der Tannen fettes Gruͤn
Das bleiche Moos beſchattet;
Wo mancher helle Strahl auf ſeine Dunkelheit
Ein zitternd Licht durch rege Stellen ſtreut,
Und in verſchiedner Dichtigkeit
Sich gruͤne Nacht mit guͤldnem Tage gattet.
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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst1_1779/178>, abgerufen am 16.07.2024.
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