Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.Erster Abschnitt. Aussicht in die Gärten hervorbringen, die gewiß vollkommener wäre, als eine von diesen beyden. -- Unddiese Vereinigung hat er offenbar in der letzten ausführlichen Schrift von den chine- sischen Gärten zur Absicht. Wenn jemand, sagt er ferner, kühn genug wäre, einen Versuch zu dieser Ver- Ein größerer Beweis ist die ganze Schrift selbst. Wenn man nicht annäh- Wenn demnach seiner Schrift die historische Wahrheit abgeht, so soll dadurch Es
Erſter Abſchnitt. Ausſicht in die Gaͤrten hervorbringen, die gewiß vollkommener waͤre, als eine von dieſen beyden. — Unddieſe Vereinigung hat er offenbar in der letzten ausfuͤhrlichen Schrift von den chine- ſiſchen Gaͤrten zur Abſicht. Wenn jemand, ſagt er ferner, kuͤhn genug waͤre, einen Verſuch zu dieſer Ver- Ein groͤßerer Beweis iſt die ganze Schrift ſelbſt. Wenn man nicht annaͤh- Wenn demnach ſeiner Schrift die hiſtoriſche Wahrheit abgeht, ſo ſoll dadurch Es
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Erſter Abſchnitt. Ausſicht in die Gaͤrten
hervorbringen, die gewiß vollkommener waͤre, als eine von dieſen beyden. — Und
dieſe Vereinigung hat er offenbar in der letzten ausfuͤhrlichen Schrift von den chine-
ſiſchen Gaͤrten zur Abſicht.
Wenn jemand, ſagt er ferner, kuͤhn genug waͤre, einen Verſuch zu dieſer Ver-
einigung zu machen, ſo wuͤrde er ſich dem Tadel beyder Partheyen ausſetzen, ohne
eine oder die andere zu beſſern, und ſich dadurch ſelbſt nachtheilig werden, ohne der
Kunſt einen Dienſt zu leiſten. Dem ohngeachtet aber koͤnne es doch nicht undienlich
ſeyn, das Syſtem eines fremden Volks bekannt zu machen. Er koͤnne es mitthei-
len, ohne ſeine eigene Gefahr, und wie er hoffe, ohne ſonſt jemand zu beleidigen. —
Dieſe Wendung, die Chambers nimmt, giebt ſeine Lage und Abſicht nicht undeut-
lich zu erkennen.
Ein groͤßerer Beweis iſt die ganze Schrift ſelbſt. Wenn man nicht annaͤh-
me, daß Chambers ſeine Philoſophie, ſeine Einſichten in die Kuͤnſte und in das
menſchliche Herz, ſeine bluͤhende Einbildungskraft den Chineſern geliehen haͤtte; ſo
wuͤrde man das, was er von ihren Gaͤrten ruͤhmt, mit ſo vielen zuverlaͤßigen Nach-
richten, die wir von dieſem Reich und von dem Geiſt dieſer Nation haben, unmoͤglich
vereinigen koͤnnen. Er iſt freygebig mit Lobſpruͤchen, worauf ſie auf keine Weiſe
Anſpruch machen koͤnnen. Wenn er gleich im Anfang ſagt, daß ihre Gaͤrtner nicht
allein Botaniſten, ſondern auch Maler und Philoſophen ſind, daß ſie eine vollkom-
mene Kenntniß des menſchlichen Herzens und der Kuͤnſte beſitzen, durch welche die
ſtaͤrkſten Empfindungen erregt werden koͤnnen, daß die ſchoͤne Gartenkunſt ein Ge-
genſtand der Aufmerkſamkeit des Geſetzgebers iſt; ſo iſt dies eine ſo ungeheure Be-
hauptung, als ſie nur gefunden werden kann. Seine Beſchreibung hat hie und da
die ſinnreichſten Gemaͤlde der Phantaſie und die wunderbarſten Feenbezauberungen,
die nicht von dem Wirklichen abgezogen ſind, und wovon ich die ſeltſamſten nicht ein-
mal angefuͤhret habe; ſie laͤßt hie und da Verwirrungen der Einbildungskraft mit
bedaͤchtiger Wahl und richtigem Gefuͤhl abwechſeln; und ihr ganzer Inhalt iſt Be-
weis genug, daß Chambers, indem er die Grundſaͤtze der chineſiſchen Gartenkunſt
zu erheben bemuͤhet ſcheint, mehr bemuͤhet iſt, ſeine eigene vorzutragen.
Wenn demnach ſeiner Schrift die hiſtoriſche Wahrheit abgeht, ſo ſoll dadurch
ihr Werth nicht ganz herabgewuͤrdigt werden. Sie bleibt immer als das Werk
eines Mannes von viel Kenntniß, Geſchmack und Genie ſchaͤtzbar, und in einzelnen
Stellen fuͤr die Gartenkunſt ſehr nuͤtzlich; immer eine angenehme Beſchreibung eines
nicht vorhandenen Gegenſtandes; ein ſchoͤnes Ideal, dem nichts weiter fehlt, als
daß es vielleicht nie Wirklichkeit haben wird.
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