Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.Vorbericht. davon zu urtheilen, und mit einiger Theilnehmung des guten Geschmackssich selbst, wenn er Gelegenheit hat, einen Garten zu schaffen. Noch ist die Gartenkunst fast ganz von unsern Schriftstellern vernachläßigt, noch an so vielen Orten von bloßer Mode und vom Vorurtheil beherrscht. Man legt indessen noch so oft neue Gärten an, wobey man freye Wahl hat; man zieht dabey so oft gemeine Gärtner zu Rathe. Sollte ein Guts- besitzer oder ein andrer Eigenthümer, der einen Garten bauet, denn nicht auch einmal nachfragen, was dieser oder jener Mann, dem er doch etwas mehr Kenntniß und Geschmack, als einem bloßen Pflanzer, zutrauen muß, über die Einrichtung eines Gartens geschrieben hat? Wäre ein Werk vorhanden, das nach dem höhern mir vorschwe- Dieser Band enthält nur noch wenig mehr, als die ersten und all- hat,
Vorbericht. davon zu urtheilen, und mit einiger Theilnehmung des guten Geſchmacksſich ſelbſt, wenn er Gelegenheit hat, einen Garten zu ſchaffen. Noch iſt die Gartenkunſt faſt ganz von unſern Schriftſtellern vernachlaͤßigt, noch an ſo vielen Orten von bloßer Mode und vom Vorurtheil beherrſcht. Man legt indeſſen noch ſo oft neue Gaͤrten an, wobey man freye Wahl hat; man zieht dabey ſo oft gemeine Gaͤrtner zu Rathe. Sollte ein Guts- beſitzer oder ein andrer Eigenthuͤmer, der einen Garten bauet, denn nicht auch einmal nachfragen, was dieſer oder jener Mann, dem er doch etwas mehr Kenntniß und Geſchmack, als einem bloßen Pflanzer, zutrauen muß, uͤber die Einrichtung eines Gartens geſchrieben hat? Waͤre ein Werk vorhanden, das nach dem hoͤhern mir vorſchwe- Dieſer Band enthaͤlt nur noch wenig mehr, als die erſten und all- hat,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0010" n="X"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Vorbericht.</hi></hi></fw><lb/> davon zu urtheilen, und mit einiger Theilnehmung des guten Geſchmacks<lb/> ſich ſelbſt, wenn er Gelegenheit hat, einen Garten zu ſchaffen. Noch iſt<lb/> die Gartenkunſt faſt ganz von unſern Schriftſtellern vernachlaͤßigt, noch<lb/> an ſo vielen Orten von bloßer Mode und vom Vorurtheil beherrſcht.<lb/> Man legt indeſſen noch ſo oft neue Gaͤrten an, wobey man freye Wahl<lb/> hat; man zieht dabey ſo oft gemeine Gaͤrtner zu Rathe. Sollte ein Guts-<lb/> beſitzer oder ein andrer Eigenthuͤmer, der einen Garten bauet, denn nicht<lb/> auch einmal nachfragen, was dieſer oder jener Mann, dem er doch etwas<lb/> mehr Kenntniß und Geſchmack, als einem bloßen Pflanzer, zutrauen<lb/> muß, uͤber die Einrichtung eines Gartens geſchrieben hat?</p><lb/> <p>Waͤre ein Werk vorhanden, das nach dem hoͤhern mir vorſchwe-<lb/> benden Ideal den Erforderniſſen der Gartenkunſt vollkommen Genuͤge lei-<lb/> ſtete, ſo wuͤrde die Muͤhe und der Aufwand, der hier aufgeopfert worden,<lb/> ſehr uͤberfluͤßig ſeyn. Bey den wenigen auslaͤndiſchen Schriften hat man<lb/> nicht immer auf unſre einheimiſchen Beduͤrfniſſe, auf die Vortheile unſers<lb/> Klima, auf die Eigenthuͤmlichkeiten unſers Landes Ruͤckſicht nehmen koͤn-<lb/> nen. Man iſt oft zu einſeitig nach dem Geſchmack ſeiner Nation gewe-<lb/> ſen. Man hat die mannigfaltigen Arten von Gaͤrten, die in dem ver-<lb/> ſchiedenen Genie des Klima, der Lagen des Bodens, der Jahreszeiten ge-<lb/> gruͤndet ſind, die einzelne Perſonen ſich nach ihren Launen oder wahren<lb/> Beduͤrfniſſen entwerfen, Gaͤrten, die wirklich ſeyn koͤnnen, und deren naͤ-<lb/> here Beſtimmung in der Folge dieſes Werks vorkommen wird, nicht ge-<lb/> nau unterſchieden, oder ſie vielmehr ganz uͤberſehen.</p><lb/> <p>Dieſer Band enthaͤlt nur noch wenig mehr, als die erſten und all-<lb/> gemeinen Grundſaͤtze der Gartenkunſt, die, ſo wenig man bisher darauf<lb/> gerechnet zu haben ſcheint, doch eine genaue Entwickelung erforderten.<lb/> Der Plan des Ganzen wird ſich in der Folge von ſelbſt darlegen. In-<lb/> zwiſchen muß ich hier die Erinnerung vorausgehen laſſen, daß man die<lb/> Gartenkunſt von botaniſcher und oͤkonomiſcher Gaͤrtnerey zu unterſcheiden<lb/> <fw place="bottom" type="catch">hat,</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [X/0010]
Vorbericht.
davon zu urtheilen, und mit einiger Theilnehmung des guten Geſchmacks
ſich ſelbſt, wenn er Gelegenheit hat, einen Garten zu ſchaffen. Noch iſt
die Gartenkunſt faſt ganz von unſern Schriftſtellern vernachlaͤßigt, noch
an ſo vielen Orten von bloßer Mode und vom Vorurtheil beherrſcht.
Man legt indeſſen noch ſo oft neue Gaͤrten an, wobey man freye Wahl
hat; man zieht dabey ſo oft gemeine Gaͤrtner zu Rathe. Sollte ein Guts-
beſitzer oder ein andrer Eigenthuͤmer, der einen Garten bauet, denn nicht
auch einmal nachfragen, was dieſer oder jener Mann, dem er doch etwas
mehr Kenntniß und Geſchmack, als einem bloßen Pflanzer, zutrauen
muß, uͤber die Einrichtung eines Gartens geſchrieben hat?
Waͤre ein Werk vorhanden, das nach dem hoͤhern mir vorſchwe-
benden Ideal den Erforderniſſen der Gartenkunſt vollkommen Genuͤge lei-
ſtete, ſo wuͤrde die Muͤhe und der Aufwand, der hier aufgeopfert worden,
ſehr uͤberfluͤßig ſeyn. Bey den wenigen auslaͤndiſchen Schriften hat man
nicht immer auf unſre einheimiſchen Beduͤrfniſſe, auf die Vortheile unſers
Klima, auf die Eigenthuͤmlichkeiten unſers Landes Ruͤckſicht nehmen koͤn-
nen. Man iſt oft zu einſeitig nach dem Geſchmack ſeiner Nation gewe-
ſen. Man hat die mannigfaltigen Arten von Gaͤrten, die in dem ver-
ſchiedenen Genie des Klima, der Lagen des Bodens, der Jahreszeiten ge-
gruͤndet ſind, die einzelne Perſonen ſich nach ihren Launen oder wahren
Beduͤrfniſſen entwerfen, Gaͤrten, die wirklich ſeyn koͤnnen, und deren naͤ-
here Beſtimmung in der Folge dieſes Werks vorkommen wird, nicht ge-
nau unterſchieden, oder ſie vielmehr ganz uͤberſehen.
Dieſer Band enthaͤlt nur noch wenig mehr, als die erſten und all-
gemeinen Grundſaͤtze der Gartenkunſt, die, ſo wenig man bisher darauf
gerechnet zu haben ſcheint, doch eine genaue Entwickelung erforderten.
Der Plan des Ganzen wird ſich in der Folge von ſelbſt darlegen. In-
zwiſchen muß ich hier die Erinnerung vorausgehen laſſen, daß man die
Gartenkunſt von botaniſcher und oͤkonomiſcher Gaͤrtnerey zu unterſcheiden
hat,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |