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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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knüpft waren, immer mehr an sichtbar zu
werden. Der Körper des Mannes, durch die
Beschwerlichkeiten der Jagd oder Fischerei ab-
gehärtet, fest, gelenk und stark, behauptete
auch einen Einfluss auf seine Seele. An Ge-
fahren gewöhnt, ward er durch diese Gewohn-
heit muthig, unerschrocken, standhaft, und
fühlte seine Überlegenheit über Alles, was
nicht Mann war, mithin auch über sein Weib,
dessen körperliche Kräfte aus Mangel an Ge-
legenheit unentwickelt blieben, und das, aus
Unbekanntschaft mit Gefahren, diese zu fürch-
ten anfing, da hingegen der Mann, vertraut mit
der Gefahr, sie vermeiden oder bestehen lern-
te. Mit kleinlichen Gegenständen und mit
Thieren umgeben, die Zaum und Gebiss ge-
duldig trugen, sank das Weib nach und nach
an Körper und Seele zn einer niederen Stufe
herab, und lernte geduldig, sich bei seinem
Despoten mit der Stelle einer ersten Sklavin
begnügen. Sklavin! Ohne Zweifel brachten
zahm gemachte Thiere den Menschen auf die-
sen unmenschlichen Gedanken, und dies
schreckliche Wort würdigte die Menschheit

knüpft waren, immer mehr an sichtbar zu
werden. Der Körper des Mannes, durch die
Beschwerlichkeiten der Jagd oder Fischerei ab-
gehärtet, fest, gelenk und stark, behauptete
auch einen Einfluſs auf seine Seele. An Ge-
fahren gewöhnt, ward er durch diese Gewohn-
heit muthig, unerschrocken, standhaft, und
fühlte seine Überlegenheit über Alles, was
nicht Mann war, mithin auch über sein Weib,
dessen körperliche Kräfte aus Mangel an Ge-
legenheit unentwickelt blieben, und das, aus
Unbekanntschaft mit Gefahren, diese zu fürch-
ten anfing, da hingegen der Mann, vertraut mit
der Gefahr, sie vermeiden oder bestehen lern-
te. Mit kleinlichen Gegenständen und mit
Thieren umgeben, die Zaum und Gebiſs ge-
duldig trugen, sank das Weib nach und nach
an Körper und Seele zn einer niederen Stufe
herab, und lernte geduldig, sich bei seinem
Despoten mit der Stelle einer ersten Sklavin
begnügen. Sklavin! Ohne Zweifel brachten
zahm gemachte Thiere den Menschen auf die-
sen unmenschlichen Gedanken, und dies
schreckliche Wort würdigte die Menschheit

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[91/0099] knüpft waren, immer mehr an sichtbar zu werden. Der Körper des Mannes, durch die Beschwerlichkeiten der Jagd oder Fischerei ab- gehärtet, fest, gelenk und stark, behauptete auch einen Einfluſs auf seine Seele. An Ge- fahren gewöhnt, ward er durch diese Gewohn- heit muthig, unerschrocken, standhaft, und fühlte seine Überlegenheit über Alles, was nicht Mann war, mithin auch über sein Weib, dessen körperliche Kräfte aus Mangel an Ge- legenheit unentwickelt blieben, und das, aus Unbekanntschaft mit Gefahren, diese zu fürch- ten anfing, da hingegen der Mann, vertraut mit der Gefahr, sie vermeiden oder bestehen lern- te. Mit kleinlichen Gegenständen und mit Thieren umgeben, die Zaum und Gebiſs ge- duldig trugen, sank das Weib nach und nach an Körper und Seele zn einer niederen Stufe herab, und lernte geduldig, sich bei seinem Despoten mit der Stelle einer ersten Sklavin begnügen. Sklavin! Ohne Zweifel brachten zahm gemachte Thiere den Menschen auf die- sen unmenschlichen Gedanken, und dies schreckliche Wort würdigte die Menschheit

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/99>, abgerufen am 27.11.2024.