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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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Ungleichheit der beiden Geschlechter, und
von Zurücksetzungen des weiblichen -- wohin
auffallend die Vielweiberei gehört.

Wie despotisch ist der Gedanke, dass ein
Mann sich befugt halten konnte, mehr als Ein
Weib zu besitzen, indem bei einer Berech-
nung an den Fingern sich herausbringen lässt,
dass er durch diese Verschwendung Andere
zum Darben bringt! Wahrlich, die Vielwei-
berei ist ein Umstand, der sich weder mit
Seele noch mit Körper verträgt, und nicht nur
der Vernunft, sondern selbst einer Leidenschaft
widerspricht, die (wie die Kinder reicher und
vornehmer Leute) durch die Schule der Ver-
nunft gelaufen ist. Wo ein Mann mehr als
Ein Weib hat, wird jener Tyrannenrath er-
füllt: Theile und regiere (divide et impera).
Die Weiber mussten auf diesem Wege des
ihnen so nachtheiligen männlichen Luxus ih-
re Abhängigkeit im höchsten Grade fühlen;
und wenn gleich die Sultanin des Tages sich
einen Vorzug vor ihren Colleginnen anmasste:
so währte dieses Ansehen, das sie sich gab,
doch nicht lange, und bald überzeugte sie

Ungleichheit der beiden Geschlechter, und
von Zurücksetzungen des weiblichen — wohin
auffallend die Vielweiberei gehört.

Wie despotisch ist der Gedanke, daſs ein
Mann sich befugt halten konnte, mehr als Ein
Weib zu besitzen, indem bei einer Berech-
nung an den Fingern sich herausbringen läſst,
daſs er durch diese Verschwendung Andere
zum Darben bringt! Wahrlich, die Vielwei-
berei ist ein Umstand, der sich weder mit
Seele noch mit Körper verträgt, und nicht nur
der Vernunft, sondern selbst einer Leidenschaft
widerspricht, die (wie die Kinder reicher und
vornehmer Leute) durch die Schule der Ver-
nunft gelaufen ist. Wo ein Mann mehr als
Ein Weib hat, wird jener Tyrannenrath er-
füllt: Theile und regiere (divide et impera).
Die Weiber muſsten auf diesem Wege des
ihnen so nachtheiligen männlichen Luxus ih-
re Abhängigkeit im höchsten Grade fühlen;
und wenn gleich die Sultanin des Tages sich
einen Vorzug vor ihren Colleginnen anmaſste:
so währte dieses Ansehen, das sie sich gab,
doch nicht lange, und bald überzeugte sie

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[82/0090] Ungleichheit der beiden Geschlechter, und von Zurücksetzungen des weiblichen — wohin auffallend die Vielweiberei gehört. Wie despotisch ist der Gedanke, daſs ein Mann sich befugt halten konnte, mehr als Ein Weib zu besitzen, indem bei einer Berech- nung an den Fingern sich herausbringen läſst, daſs er durch diese Verschwendung Andere zum Darben bringt! Wahrlich, die Vielwei- berei ist ein Umstand, der sich weder mit Seele noch mit Körper verträgt, und nicht nur der Vernunft, sondern selbst einer Leidenschaft widerspricht, die (wie die Kinder reicher und vornehmer Leute) durch die Schule der Ver- nunft gelaufen ist. Wo ein Mann mehr als Ein Weib hat, wird jener Tyrannenrath er- füllt: Theile und regiere (divide et impera). Die Weiber muſsten auf diesem Wege des ihnen so nachtheiligen männlichen Luxus ih- re Abhängigkeit im höchsten Grade fühlen; und wenn gleich die Sultanin des Tages sich einen Vorzug vor ihren Colleginnen anmaſste: so währte dieses Ansehen, das sie sich gab, doch nicht lange, und bald überzeugte sie

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/90>, abgerufen am 26.11.2024.