mehr -- Der bittere, nicht unverdiente Vor- wurf, den man unserem Geschlechte macht, "dass es heut zu Tage keine Kinder mehr ge- be" -- stehet er nicht mit unserer Grausam- keit, die Weiber als grosse Kinder zu behan- deln, in engerer Verbindung, als man denken sollte? -- -- --
Es giebt Regenten, die sich den landes- väterlichen Wunsch des Caligula aus Geitz eigen machen: ach, wenn doch alle ihre Pro- vinzen nur Einen Hals hätten! nicht um ihn zu brechen, sondern nur eine einzige Röhre zum Essen und zum Trinken in ihrer Monar- chie zu haben. So tyrannisch bin ich nicht in Hinsicht meiner guten Freunde von Oppo- nenten, die es indess nicht viel besser als die Virtuosen machen, welche oft beschwerlich sind, wenn sie Niemand hören will, dagegen stumm und eigensinnig, wenn sie sich hören lassen sollen.
Die Unbeständigkeit soll ein so cha- rakteristischer Zug des weiblichen Verstan- des seyn, dass Weiber bei keinem Gegen- stande der Untersuchung und des ernsten Nach-
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mehr — Der bittere, nicht unverdiente Vor- wurf, den man unserem Geschlechte macht, »daſs es heut zu Tage keine Kinder mehr ge- be» — stehet er nicht mit unserer Grausam- keit, die Weiber als groſse Kinder zu behan- deln, in engerer Verbindung, als man denken sollte? — — —
Es giebt Regenten, die sich den landes- väterlichen Wunsch des Caligula aus Geitz eigen machen: ach, wenn doch alle ihre Pro- vinzen nur Einen Hals hätten! nicht um ihn zu brechen, sondern nur eine einzige Röhre zum Essen und zum Trinken in ihrer Monar- chie zu haben. So tyrannisch bin ich nicht in Hinsicht meiner guten Freunde von Oppo- nenten, die es indeſs nicht viel besser als die Virtuosen machen, welche oft beschwerlich sind, wenn sie Niemand hören will, dagegen stumm und eigensinnig, wenn sie sich hören lassen sollen.
Die Unbeständigkeit soll ein so cha- rakteristischer Zug des weiblichen Verstan- des seyn, daſs Weiber bei keinem Gegen- stande der Untersuchung und des ernsten Nach-
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mehr — Der bittere, nicht unverdiente Vor-
wurf, den man unserem Geschlechte macht,
»daſs es heut zu Tage keine Kinder mehr ge-
be» — stehet er nicht mit unserer Grausam-
keit, die Weiber als groſse Kinder zu behan-
deln, in engerer Verbindung, als man denken
sollte? — — —
Es giebt Regenten, die sich den landes-
väterlichen Wunsch des Caligula aus Geitz
eigen machen: ach, wenn doch alle ihre Pro-
vinzen nur Einen Hals hätten! nicht um ihn
zu brechen, sondern nur eine einzige Röhre
zum Essen und zum Trinken in ihrer Monar-
chie zu haben. So tyrannisch bin ich nicht
in Hinsicht meiner guten Freunde von Oppo-
nenten, die es indeſs nicht viel besser als die
Virtuosen machen, welche oft beschwerlich
sind, wenn sie Niemand hören will, dagegen
stumm und eigensinnig, wenn sie sich hören
lassen sollen.
Die Unbeständigkeit soll ein so cha-
rakteristischer Zug des weiblichen Verstan-
des seyn, daſs Weiber bei keinem Gegen-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/385>, abgerufen am 25.11.2024.
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