Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

können ihnen dagegen wohl Energie der Seele
und tiefgeschärfte Bemerkungen abgesprochen
werden? Und so wäre denn auch dieses Spiel
für die Weiber gewonnen -- -- -- Kinder rei-
cher Leute sind gemeiniglich so baufällig, wie die
Hütten der Armen, und langer Nichtbrauch kann
Kräfte schwächen; -- allein auch heben?

Wer kann behaupten, dass das Eigenthüm-
liche des Geschlechtes nichts Bestimmendes
für die bürgerliche Gesellschaft habe?
Das
Weib hat Selbstliebe und die damit correspon-
dirende Selbstbeständigkeit -- Ist bürgerliche
Gesellschaft denn etwas anderes, als eine ver-
grösserte häusliche? oder sind etwa auch in
der häuslichen Gesellschaft die Weiber nicht
an Ort und Stelle? Wo sind Privatgesellschaf-
ten, die in die Länge ohne Weiber sich halten
könnten? Ihren Hauptreitz verdanken sie den
Weibern, deren munterer leichter Ton Alles
in's Geschick bringt, und die schwersten Ge-
genstände schmackhaft, anmuthig, gefällig und
geläufig zu machen versteht -- Sie finden zu
den Gedanken des Mannes die schicklichsten
Ausdrücke; und oft hab' ich zu bemerken Ge-

Z 2

können ihnen dagegen wohl Energie der Seele
und tiefgeschärfte Bemerkungen abgesprochen
werden? Und so wäre denn auch dieses Spiel
für die Weiber gewonnen — — — Kinder rei-
cher Leute sind gemeiniglich so baufällig, wie die
Hütten der Armen, und langer Nichtbrauch kann
Kräfte schwächen; — allein auch heben?

Wer kann behaupten, daſs das Eigenthüm-
liche des Geschlechtes nichts Bestimmendes
für die bürgerliche Gesellschaft habe?
Das
Weib hat Selbstliebe und die damit correspon-
dirende Selbstbeständigkeit — Ist bürgerliche
Gesellschaft denn etwas anderes, als eine ver-
gröſserte häusliche? oder sind etwa auch in
der häuslichen Gesellschaft die Weiber nicht
an Ort und Stelle? Wo sind Privatgesellschaf-
ten, die in die Länge ohne Weiber sich halten
könnten? Ihren Hauptreitz verdanken sie den
Weibern, deren munterer leichter Ton Alles
in’s Geschick bringt, und die schwersten Ge-
genstände schmackhaft, anmuthig, gefällig und
geläufig zu machen versteht — Sie finden zu
den Gedanken des Mannes die schicklichsten
Ausdrücke; und oft hab’ ich zu bemerken Ge-

Z 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0363" n="355"/>
können ihnen dagegen wohl Energie der Seele<lb/>
und tiefgeschärfte Bemerkungen abgesprochen<lb/>
werden? Und so wäre denn auch dieses Spiel<lb/>
für die Weiber gewonnen &#x2014; &#x2014; &#x2014; Kinder rei-<lb/>
cher Leute sind gemeiniglich so baufällig, wie die<lb/>
Hütten der Armen, und langer Nichtbrauch kann<lb/>
Kräfte schwächen; &#x2014; allein auch heben?</p><lb/>
        <p>Wer kann behaupten, <hi rendition="#i">da&#x017F;s das Eigenthüm-<lb/>
liche des Geschlechtes nichts Bestimmendes<lb/>
für die bürgerliche Gesellschaft habe?</hi> Das<lb/>
Weib hat Selbstliebe und die damit correspon-<lb/>
dirende Selbstbeständigkeit &#x2014; Ist bürgerliche<lb/>
Gesellschaft denn etwas anderes, als eine ver-<lb/>
grö&#x017F;serte häusliche? oder sind etwa auch in<lb/>
der häuslichen Gesellschaft die Weiber nicht<lb/>
an Ort und Stelle? Wo sind Privatgesellschaf-<lb/>
ten, die in die Länge ohne Weiber sich halten<lb/>
könnten? Ihren Hauptreitz verdanken sie den<lb/>
Weibern, deren munterer leichter Ton Alles<lb/>
in&#x2019;s Geschick bringt, und die schwersten Ge-<lb/>
genstände schmackhaft, anmuthig, gefällig und<lb/>
geläufig zu machen versteht &#x2014; Sie finden zu<lb/>
den Gedanken des Mannes die schicklichsten<lb/>
Ausdrücke; und oft hab&#x2019; ich zu bemerken Ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Z 2</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[355/0363] können ihnen dagegen wohl Energie der Seele und tiefgeschärfte Bemerkungen abgesprochen werden? Und so wäre denn auch dieses Spiel für die Weiber gewonnen — — — Kinder rei- cher Leute sind gemeiniglich so baufällig, wie die Hütten der Armen, und langer Nichtbrauch kann Kräfte schwächen; — allein auch heben? Wer kann behaupten, daſs das Eigenthüm- liche des Geschlechtes nichts Bestimmendes für die bürgerliche Gesellschaft habe? Das Weib hat Selbstliebe und die damit correspon- dirende Selbstbeständigkeit — Ist bürgerliche Gesellschaft denn etwas anderes, als eine ver- gröſserte häusliche? oder sind etwa auch in der häuslichen Gesellschaft die Weiber nicht an Ort und Stelle? Wo sind Privatgesellschaf- ten, die in die Länge ohne Weiber sich halten könnten? Ihren Hauptreitz verdanken sie den Weibern, deren munterer leichter Ton Alles in’s Geschick bringt, und die schwersten Ge- genstände schmackhaft, anmuthig, gefällig und geläufig zu machen versteht — Sie finden zu den Gedanken des Mannes die schicklichsten Ausdrücke; und oft hab’ ich zu bemerken Ge- Z 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/363
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/363>, abgerufen am 24.11.2024.