Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

für Gedanken geweckt, was für Bilder aufge-
regt und was für Begierden gereitzt werden.
Man vergisst, dass die Gattin und Tochter
müssig sitzen, dass das Wühlen in den Haa-
ren einen gewissen physischen Kitzel, wo
nicht bei beiden, so doch bei Einem Theile
erregt; man übersieht gewisse Stellungen, die
einen aufmerksamen Beobachter viel errathen
lassen. Zwar hat man angefangen, diese Ge-
schäfte weiblichen Händen zu übertragen; al-
lein noch ist dies eine Seltenheit und eine
ökonomische Veranstaltung. Ein kleinlicher
Bewegungsgrund, wo es doch deren so viele
und so wichtige giebt.

Auch die weibliche Kleidung sollte durch
Weiber angemessen und gefertiget werden.
Die Manipulation eines männlichen Schneiders
und Schusters ist unschicklich. Wär' es dem
Staate Ernst, die grosse und edle Hälfte sei-
ner Bürger nützlich zu beschäftigen; fühlte er
die grosse Verpflichtung, diejenigen, welche
die Natur gleich machte, auch nach Gleich
und Recht zu behandeln, ihnen ihre Rechte
und mit diesen persönliche Freiheit und Unab-

Y 3

für Gedanken geweckt, was für Bilder aufge-
regt und was für Begierden gereitzt werden.
Man vergiſst, daſs die Gattin und Tochter
müſsig sitzen, daſs das Wühlen in den Haa-
ren einen gewissen physischen Kitzel, wo
nicht bei beiden, so doch bei Einem Theile
erregt; man übersieht gewisse Stellungen, die
einen aufmerksamen Beobachter viel errathen
lassen. Zwar hat man angefangen, diese Ge-
schäfte weiblichen Händen zu übertragen; al-
lein noch ist dies eine Seltenheit und eine
ökonomische Veranstaltung. Ein kleinlicher
Bewegungsgrund, wo es doch deren so viele
und so wichtige giebt.

Auch die weibliche Kleidung sollte durch
Weiber angemessen und gefertiget werden.
Die Manipulation eines männlichen Schneiders
und Schusters ist unschicklich. Wär’ es dem
Staate Ernst, die groſse und edle Hälfte sei-
ner Bürger nützlich zu beschäftigen; fühlte er
die groſse Verpflichtung, diejenigen, welche
die Natur gleich machte, auch nach Gleich
und Recht zu behandeln, ihnen ihre Rechte
und mit diesen persönliche Freiheit und Unab-

Y 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0349" n="341"/>
für Gedanken geweckt, was für Bilder aufge-<lb/>
regt und was für Begierden gereitzt werden.<lb/>
Man vergi&#x017F;st, da&#x017F;s die Gattin und Tochter<lb/>
mü&#x017F;sig sitzen, da&#x017F;s das Wühlen in den Haa-<lb/>
ren einen gewissen physischen Kitzel, wo<lb/>
nicht bei beiden, so doch bei Einem Theile<lb/>
erregt; man übersieht gewisse Stellungen, die<lb/>
einen aufmerksamen Beobachter viel errathen<lb/>
lassen. Zwar hat man angefangen, diese Ge-<lb/>
schäfte weiblichen Händen zu übertragen; al-<lb/>
lein noch ist dies eine Seltenheit und eine<lb/>
ökonomische Veranstaltung. Ein kleinlicher<lb/>
Bewegungsgrund, wo es doch deren so viele<lb/>
und so wichtige giebt.</p><lb/>
        <p>Auch die <hi rendition="#i">weibliche Kleidung</hi> sollte durch<lb/><hi rendition="#i">Weiber</hi> angemessen und gefertiget werden.<lb/>
Die Manipulation eines männlichen Schneiders<lb/>
und Schusters ist unschicklich. Wär&#x2019; es dem<lb/>
Staate Ernst, die gro&#x017F;se und edle Hälfte sei-<lb/>
ner Bürger nützlich zu beschäftigen; fühlte er<lb/>
die gro&#x017F;se Verpflichtung, diejenigen, welche<lb/>
die Natur gleich machte, auch nach Gleich<lb/>
und Recht zu behandeln, ihnen ihre Rechte<lb/>
und mit diesen persönliche Freiheit und Unab-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y 3</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[341/0349] für Gedanken geweckt, was für Bilder aufge- regt und was für Begierden gereitzt werden. Man vergiſst, daſs die Gattin und Tochter müſsig sitzen, daſs das Wühlen in den Haa- ren einen gewissen physischen Kitzel, wo nicht bei beiden, so doch bei Einem Theile erregt; man übersieht gewisse Stellungen, die einen aufmerksamen Beobachter viel errathen lassen. Zwar hat man angefangen, diese Ge- schäfte weiblichen Händen zu übertragen; al- lein noch ist dies eine Seltenheit und eine ökonomische Veranstaltung. Ein kleinlicher Bewegungsgrund, wo es doch deren so viele und so wichtige giebt. Auch die weibliche Kleidung sollte durch Weiber angemessen und gefertiget werden. Die Manipulation eines männlichen Schneiders und Schusters ist unschicklich. Wär’ es dem Staate Ernst, die groſse und edle Hälfte sei- ner Bürger nützlich zu beschäftigen; fühlte er die groſse Verpflichtung, diejenigen, welche die Natur gleich machte, auch nach Gleich und Recht zu behandeln, ihnen ihre Rechte und mit diesen persönliche Freiheit und Unab- Y 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/349
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/349>, abgerufen am 25.11.2024.