ein andres Licht und Leben kommen würde, wenn Weiber den Zutritt hätten, in ihnen ihr Licht leuchten zu lassen und ihnen einen an- deren Schwung beizulegen? -- Wir haben für unsere Gesellschaften noch keine Pflichtvor- schriften; und doch führt man sich hier ohne Gesetzbuch so exemplarisch, dass oft Ungezo- gene, die der Staat aufgab, mit augenschein- lichem Vortheile in diese Schule gingen, und aus ihr als gebesserte Menschen zur Universi- tät des Staates gebracht wurden. -- Ich ge- traue mir (den Gegenbeweis unverschnitten) ausser Zweifel zu setzen, dass in allen weib- lichen Regierungen gewisse feine Züge des Anstandes aufzuspüren seyn würden, welche bei einem grossen Theile der Menschen mehr bewirken, als ein wohlbestallter Codex voll kunstgerechter Strafflüche. Dieser süsse Ge- ruch der Empfehlung, dieses Gewürz des Wohlgefallens -- wie liebenswürdig! Die Ge- setzgebung der Grossen Katharina der II. hat davon laute Spuren. -- Schon die Gegenwart der Frau vom Hause, die doch das Hausrecht gewiss nicht in aller Strenge hand-
ein andres Licht und Leben kommen würde, wenn Weiber den Zutritt hätten, in ihnen ihr Licht leuchten zu lassen und ihnen einen an- deren Schwung beizulegen? — Wir haben für unsere Gesellschaften noch keine Pflichtvor- schriften; und doch führt man sich hier ohne Gesetzbuch so exemplarisch, daſs oft Ungezo- gene, die der Staat aufgab, mit augenschein- lichem Vortheile in diese Schule gingen, und aus ihr als gebesserte Menschen zur Universi- tät des Staates gebracht wurden. — Ich ge- traue mir (den Gegenbeweis unverschnitten) auſser Zweifel zu setzen, daſs in allen weib- lichen Regierungen gewisse feine Züge des Anstandes aufzuspüren seyn würden, welche bei einem groſsen Theile der Menschen mehr bewirken, als ein wohlbestallter Codex voll kunstgerechter Strafflüche. Dieser süſse Ge- ruch der Empfehlung, dieses Gewürz des Wohlgefallens — wie liebenswürdig! Die Ge- setzgebung der Grossen Katharina der II. hat davon laute Spuren. — Schon die Gegenwart der Frau vom Hause, die doch das Hausrecht gewiſs nicht in aller Strenge hand-
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ein andres Licht und Leben kommen würde,
wenn Weiber den Zutritt hätten, in ihnen ihr
Licht leuchten zu lassen und ihnen einen an-
deren Schwung beizulegen? — Wir haben für
unsere Gesellschaften noch keine Pflichtvor-
schriften; und doch führt man sich hier ohne
Gesetzbuch so exemplarisch, daſs oft Ungezo-
gene, die der Staat aufgab, mit augenschein-
lichem Vortheile in diese Schule gingen, und
aus ihr als gebesserte Menschen zur Universi-
tät des Staates gebracht wurden. — Ich ge-
traue mir (den Gegenbeweis unverschnitten)
auſser Zweifel zu setzen, daſs in allen weib-
lichen Regierungen gewisse feine Züge des
Anstandes aufzuspüren seyn würden, welche
bei einem groſsen Theile der Menschen mehr
bewirken, als ein wohlbestallter Codex voll
kunstgerechter Strafflüche. Dieser süſse Ge-
ruch der Empfehlung, dieses Gewürz des
Wohlgefallens — wie liebenswürdig! Die Ge-
setzgebung der Grossen Katharina der
II. hat davon laute Spuren. — Schon die
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/34>, abgerufen am 27.11.2024.
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