Weiber, und unter diesen mehrere welche die Geburt nicht für ein Diadem bestimmte, den Herrschertitel mit Ehren getragen. Giebt es nicht Länder, die in ihren Regentenlisten eben so viele berühmte Namen des einen als des anderen Geschlechtes aufführen? Wenn das Cabinet ausser der Ritterin d'Eon keinen weiblichen Geschäftsträger aufzuweisen hat; sollte dies wohl die Unfähigkeit des anderen Geschlechtes beweisen? Bei Allem, was durch Vernunft erklügelt, durch Dreistigkeit errun- gen, durch Witz erhascht, durch Gutmüthig- keit erreicht werden kann, wird die schöne Welt nicht zurückbleiben; -- und wenn feile Seelen allen Triebfedern dienstbar sind, wer- den Weiber nie vergessen, was anständig ist -- welches da, wo der Anstand sich das Ansehen giebt am höchsten getrieben zu seyn, oft schnöde vergessen wird. Lord Chesterficld soll bei einer Assemblee auf Voltaire'ns Frage: halten Sie die Englischen oder die Französi- schen Damen für schöner? geantwortet haben: ich verstehe mich nicht auf Gemählde; und doch wüsst' ich keinen Hofmann, der sich so
zu
Weiber, und unter diesen mehrere welche die Geburt nicht für ein Diadem bestimmte, den Herrschertitel mit Ehren getragen. Giebt es nicht Länder, die in ihren Regentenlisten eben so viele berühmte Namen des einen als des anderen Geschlechtes aufführen? Wenn das Cabinet auſser der Ritterin d’Eon keinen weiblichen Geschäftsträger aufzuweisen hat; sollte dies wohl die Unfähigkeit des anderen Geschlechtes beweisen? Bei Allem, was durch Vernunft erklügelt, durch Dreistigkeit errun- gen, durch Witz erhascht, durch Gutmüthig- keit erreicht werden kann, wird die schöne Welt nicht zurückbleiben; — und wenn feile Seelen allen Triebfedern dienstbar sind, wer- den Weiber nie vergessen, was anständig ist — welches da, wo der Anstand sich das Ansehen giebt am höchsten getrieben zu seyn, oft schnöde vergessen wird. Lord Chesterficld soll bei einer Assemblee auf Voltaire’ns Frage: halten Sie die Englischen oder die Französi- schen Damen für schöner? geantwortet haben: ich verstehe mich nicht auf Gemählde; und doch wüſst’ ich keinen Hofmann, der sich so
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[304/0312]
Weiber, und unter diesen mehrere welche
die Geburt nicht für ein Diadem bestimmte,
den Herrschertitel mit Ehren getragen. Giebt
es nicht Länder, die in ihren Regentenlisten
eben so viele berühmte Namen des einen als
des anderen Geschlechtes aufführen? Wenn
das Cabinet auſser der Ritterin d’Eon keinen
weiblichen Geschäftsträger aufzuweisen hat;
sollte dies wohl die Unfähigkeit des anderen
Geschlechtes beweisen? Bei Allem, was durch
Vernunft erklügelt, durch Dreistigkeit errun-
gen, durch Witz erhascht, durch Gutmüthig-
keit erreicht werden kann, wird die schöne
Welt nicht zurückbleiben; — und wenn feile
Seelen allen Triebfedern dienstbar sind, wer-
den Weiber nie vergessen, was anständig ist —
welches da, wo der Anstand sich das Ansehen
giebt am höchsten getrieben zu seyn, oft
schnöde vergessen wird. Lord Chesterficld soll
bei einer Assemblee auf Voltaire’ns Frage:
halten Sie die Englischen oder die Französi-
schen Damen für schöner? geantwortet haben:
ich verstehe mich nicht auf Gemählde; und
doch wüſst’ ich keinen Hofmann, der sich so
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/312>, abgerufen am 22.11.2024.
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