Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Zeit der Schiffbruchsgefahr anwenden will, so
bleibt es zwar nicht unrühmlich, in der Zeit
zu sammeln, um in der Noth zu haben; wenn
aber Weiber selbst in diesem Ungewitter Ent-
schlüsse zu fassen verständen; wenn sie kein
Lexicon zusammengetragener Regeln aufschla-
gen dürften, die ohnehin nie ganz auf einen
einzelnen Fall passen? -- wenn --? Doch,
lasst uns erwägen, nicht was dieser Wallfisch
des menschlichen Geschlechtes werden wird,
wenn ihm nicht mehr Tönnchen zum Spielen
zugeworfen werden, sondern was er selbst in
seiner jetzigen so traurigen Lage war und ist!
Als Sokrates von der Gottheit zum Weisen
erhoben und ihm das Diplom hierüber wegen
seines Wohlverhaltens ertheilt ward, mass er
sich mit vielen seiner Zeitgenossen, und fand,
dass Andere diese Würde, wo nicht mehr, so
doch eben so gut verdienten, wie Seine Wohl-
weisheit -- Endlich überzeugte er sich, dass
diese Würde, bloss weil er sich nicht für
weise hielte, ihm auf Allerhöchsten Göttlichen
Special-Befehl wäre zuerkannt worden --
Kann der, welcher Aufsehen macht, weise

Zeit der Schiffbruchsgefahr anwenden will, so
bleibt es zwar nicht unrühmlich, in der Zeit
zu sammeln, um in der Noth zu haben; wenn
aber Weiber selbst in diesem Ungewitter Ent-
schlüsse zu fassen verständen; wenn sie kein
Lexicon zusammengetragener Regeln aufschla-
gen dürften, die ohnehin nie ganz auf einen
einzelnen Fall passen? — wenn —? Doch,
laſst uns erwägen, nicht was dieser Wallfisch
des menschlichen Geschlechtes werden wird,
wenn ihm nicht mehr Tönnchen zum Spielen
zugeworfen werden, sondern was er selbst in
seiner jetzigen so traurigen Lage war und ist!
Als Sokrates von der Gottheit zum Weisen
erhoben und ihm das Diplom hierüber wegen
seines Wohlverhaltens ertheilt ward, maſs er
sich mit vielen seiner Zeitgenossen, und fand,
daſs Andere diese Würde, wo nicht mehr, so
doch eben so gut verdienten, wie Seine Wohl-
weisheit — Endlich überzeugte er sich, daſs
diese Würde, bloſs weil er sich nicht für
weise hielte, ihm auf Allerhöchsten Göttlichen
Special-Befehl wäre zuerkannt worden —
Kann der, welcher Aufsehen macht, weise

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0309" n="301"/>
Zeit der Schiffbruchsgefahr anwenden will, so<lb/>
bleibt es zwar nicht unrühmlich, in der Zeit<lb/>
zu sammeln, um in der Noth zu haben; wenn<lb/>
aber Weiber selbst in diesem Ungewitter Ent-<lb/>
schlüsse zu fassen verständen; wenn sie kein<lb/>
Lexicon zusammengetragener Regeln aufschla-<lb/>
gen dürften, die ohnehin nie ganz auf einen<lb/>
einzelnen Fall passen? &#x2014; wenn &#x2014;? Doch,<lb/>
la&#x017F;st uns erwägen, nicht was dieser Wallfisch<lb/>
des menschlichen Geschlechtes werden wird,<lb/>
wenn ihm nicht mehr Tönnchen zum Spielen<lb/>
zugeworfen werden, sondern was er selbst in<lb/>
seiner jetzigen so traurigen Lage war und ist!<lb/>
Als <hi rendition="#i">Sokrates</hi> von der Gottheit zum <hi rendition="#i">Weisen</hi><lb/>
erhoben und ihm das Diplom hierüber wegen<lb/>
seines Wohlverhaltens ertheilt ward, ma&#x017F;s er<lb/>
sich mit vielen seiner Zeitgenossen, und fand,<lb/>
da&#x017F;s Andere diese Würde, wo nicht mehr, so<lb/>
doch eben so gut verdienten, wie Seine Wohl-<lb/>
weisheit &#x2014; Endlich überzeugte er sich, da&#x017F;s<lb/>
diese Würde, blo&#x017F;s weil er sich nicht für<lb/>
weise hielte, ihm auf Allerhöchsten Göttlichen<lb/>
Special-Befehl wäre zuerkannt worden &#x2014;<lb/>
Kann <hi rendition="#i">der,</hi> welcher Aufsehen macht, weise<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[301/0309] Zeit der Schiffbruchsgefahr anwenden will, so bleibt es zwar nicht unrühmlich, in der Zeit zu sammeln, um in der Noth zu haben; wenn aber Weiber selbst in diesem Ungewitter Ent- schlüsse zu fassen verständen; wenn sie kein Lexicon zusammengetragener Regeln aufschla- gen dürften, die ohnehin nie ganz auf einen einzelnen Fall passen? — wenn —? Doch, laſst uns erwägen, nicht was dieser Wallfisch des menschlichen Geschlechtes werden wird, wenn ihm nicht mehr Tönnchen zum Spielen zugeworfen werden, sondern was er selbst in seiner jetzigen so traurigen Lage war und ist! Als Sokrates von der Gottheit zum Weisen erhoben und ihm das Diplom hierüber wegen seines Wohlverhaltens ertheilt ward, maſs er sich mit vielen seiner Zeitgenossen, und fand, daſs Andere diese Würde, wo nicht mehr, so doch eben so gut verdienten, wie Seine Wohl- weisheit — Endlich überzeugte er sich, daſs diese Würde, bloſs weil er sich nicht für weise hielte, ihm auf Allerhöchsten Göttlichen Special-Befehl wäre zuerkannt worden — Kann der, welcher Aufsehen macht, weise

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/309
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/309>, abgerufen am 22.11.2024.