und so wie die Bescheidenheit das Verlangen ist, feiner gelobt werden zu wollen: so ist die Freundschaft ein Bund, desto reiner zu gewin- nen. Heisst nicht schon der unser Freund, welcher nicht unser erklärter Feind ist? Die Kaufleute nennen die: Freunde, mit denen sie in Handlungsverkehr stehen, wo es also Pro- vision zu berechnen giebt; und so wie der schon für gut gilt, der ein böser Mensch von der allgemeinen Art ist: so gilt der schon für unsren Freund, der ein Menschenfreund, ein Mensch von keinem schlechten Herzen ist, der uns nicht verräth und verkauft, oder der uns zu verrathen oder zu verkaufen keine Ge- legenheit gefunden hat. Unser Geschlecht ist zu glücklich, als dass wir ächte Freunde der Weiber seyn sollten; und zu unserer Freund- schaft gegen einander, auf die wir so stolz thun, haben die Weiber nicht das mindeste Zutrauen -- Können wir (wie kann es nach der Weiberlogik füglich anders lauten?) wohl mit Freundschaften aus der Tasche spielen und mit Aufopferungen prahlen, da wir uns nicht einmal herabzulassen vermögen, den
und so wie die Bescheidenheit das Verlangen ist, feiner gelobt werden zu wollen: so ist die Freundschaft ein Bund, desto reiner zu gewin- nen. Heiſst nicht schon der unser Freund, welcher nicht unser erklärter Feind ist? Die Kaufleute nennen die: Freunde, mit denen sie in Handlungsverkehr stehen, wo es also Pro- vision zu berechnen giebt; und so wie der schon für gut gilt, der ein böser Mensch von der allgemeinen Art ist: so gilt der schon für unsren Freund, der ein Menschenfreund, ein Mensch von keinem schlechten Herzen ist, der uns nicht verräth und verkauft, oder der uns zu verrathen oder zu verkaufen keine Ge- legenheit gefunden hat. Unser Geschlecht ist zu glücklich, als daſs wir ächte Freunde der Weiber seyn sollten; und zu unserer Freund- schaft gegen einander, auf die wir so stolz thun, haben die Weiber nicht das mindeste Zutrauen — Können wir (wie kann es nach der Weiberlogik füglich anders lauten?) wohl mit Freundschaften aus der Tasche spielen und mit Aufopferungen prahlen, da wir uns nicht einmal herabzulassen vermögen, den
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und so wie die Bescheidenheit das Verlangen
ist, feiner gelobt werden zu wollen: so ist die
Freundschaft ein Bund, desto reiner zu gewin-
nen. Heiſst nicht schon der unser Freund,
welcher nicht unser erklärter Feind ist? Die
Kaufleute nennen die: Freunde, mit denen sie
in Handlungsverkehr stehen, wo es also Pro-
vision zu berechnen giebt; und so wie der
schon für gut gilt, der ein böser Mensch von
der allgemeinen Art ist: so gilt der schon für
unsren Freund, der ein Menschenfreund, ein
Mensch von keinem schlechten Herzen ist,
der uns nicht verräth und verkauft, oder der
uns zu verrathen oder zu verkaufen keine Ge-
legenheit gefunden hat. Unser Geschlecht ist
zu glücklich, als daſs wir ächte Freunde der
Weiber seyn sollten; und zu unserer Freund-
schaft gegen einander, auf die wir so stolz
thun, haben die Weiber nicht das mindeste
Zutrauen — Können wir (wie kann es nach
der Weiberlogik füglich anders lauten?) wohl
mit Freundschaften aus der Tasche spielen
und mit Aufopferungen prahlen, da wir uns
nicht einmal herabzulassen vermögen, den
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/306>, abgerufen am 22.11.2024.
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