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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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Sittsamkeit und Enthaltung weniger Reitze
hätte. Die Keuschheit des Körpers ist mit
der Keuschheit der Seele und der Sprache in
genauer Verbindung -- Weiber kennen so
wenig die Regeln als die Gränzen der Spra-
che, überschreiten die ersteren, und erweitern
die letzteren -- Wie manche glückliche Be-
reicherung hat die Sprache ihnen mittelbar
und unmittelbar zu danken! Das Mittelmä-
ssige kann im Geschlechte gar nicht aufkom-
men; was sich unterscheidet, ist vorzüglich --
Sie reden zwar noch, wenn sie schweigen;
keiner ihrer Blicke ist sprachlos; ihre unarti-
culirten Ausdrücke der Leidenschaften, wo-
durch Menschen tief in das Herz der Men-
schen dringen, sind unüberwindlich --: allein,
wer ist beredter als sie, wenn sie wirklich
sprechen! -- Jene sprachlose Beredsamkeit
kann weiter Niemand als sie auf Worte brin-
gen und übersetzen. Männer sagen oft nichts,
wenn sie zu viel sagen, so wie man nichts
beweiset, wenn man zu viel bewiesen hat.
In den Worten der Weiber, auch wenn sie
überfliessen, liegt Absicht, Gewicht und Nach-

Sittsamkeit und Enthaltung weniger Reitze
hätte. Die Keuschheit des Körpers ist mit
der Keuschheit der Seele und der Sprache in
genauer Verbindung — Weiber kennen so
wenig die Regeln als die Gränzen der Spra-
che, überschreiten die ersteren, und erweitern
die letzteren — Wie manche glückliche Be-
reicherung hat die Sprache ihnen mittelbar
und unmittelbar zu danken! Das Mittelmä-
ſsige kann im Geschlechte gar nicht aufkom-
men; was sich unterscheidet, ist vorzüglich —
Sie reden zwar noch, wenn sie schweigen;
keiner ihrer Blicke ist sprachlos; ihre unarti-
culirten Ausdrücke der Leidenschaften, wo-
durch Menschen tief in das Herz der Men-
schen dringen, sind unüberwindlich —: allein,
wer ist beredter als sie, wenn sie wirklich
sprechen! — Jene sprachlose Beredsamkeit
kann weiter Niemand als sie auf Worte brin-
gen und übersetzen. Männer sagen oft nichts,
wenn sie zu viel sagen, so wie man nichts
beweiset, wenn man zu viel bewiesen hat.
In den Worten der Weiber, auch wenn sie
überflieſsen, liegt Absicht, Gewicht und Nach-

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[251/0259] Sittsamkeit und Enthaltung weniger Reitze hätte. Die Keuschheit des Körpers ist mit der Keuschheit der Seele und der Sprache in genauer Verbindung — Weiber kennen so wenig die Regeln als die Gränzen der Spra- che, überschreiten die ersteren, und erweitern die letzteren — Wie manche glückliche Be- reicherung hat die Sprache ihnen mittelbar und unmittelbar zu danken! Das Mittelmä- ſsige kann im Geschlechte gar nicht aufkom- men; was sich unterscheidet, ist vorzüglich — Sie reden zwar noch, wenn sie schweigen; keiner ihrer Blicke ist sprachlos; ihre unarti- culirten Ausdrücke der Leidenschaften, wo- durch Menschen tief in das Herz der Men- schen dringen, sind unüberwindlich —: allein, wer ist beredter als sie, wenn sie wirklich sprechen! — Jene sprachlose Beredsamkeit kann weiter Niemand als sie auf Worte brin- gen und übersetzen. Männer sagen oft nichts, wenn sie zu viel sagen, so wie man nichts beweiset, wenn man zu viel bewiesen hat. In den Worten der Weiber, auch wenn sie überflieſsen, liegt Absicht, Gewicht und Nach-

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/259>, abgerufen am 24.11.2024.