gemeine Leben bringen kann, ist nicht vie[l] mehr als Sophisterei, womit man seinen Kopt nicht verderben und sein Herz nicht verfül- schen sollte -- Weiber sind geborne Prote- stantinnen, und haben die Religion der Frei- heit, die Anweisung Gott im Geist und in der Wahrheit anzubeten. Bei dem systemati- schen Gerüste der Religionslehren finden sie kein Interesse, und schwerlich werden sie je durch Doktorhüte in der Gottesgelahrtheit ge- reitzt werden. Sie legen es nicht darauf an, Gottes Existenz zu erweisen; vielmehr sind sie dem Neumonde von Philosophie anver- wandt und zugethan, der den unerweislichen Gott für ein Postulatum der Vernunft erklärt, weil er zu unserer Glückseligkeit nothwendig ist. "Wer gewisse Dinge erweisen will," sag- te Frau v. **, "zweifelt entweder selbst, oder will den Zweifeln Anderer mit Höflichkeit zu- vorkommen." Ein theures wahres Wort --! Das Minimum von Glauben, ein Glaubens- Senfkorn, und die Vorstellung von der Mög- lichkeit der Existenz Gottes, ist hinreichend, um Alles aus uns zu machen, was aus uns
gemeine Leben bringen kann, ist nicht vie[l] mehr als Sophisterei, womit man seinen Kopt nicht verderben und sein Herz nicht verfül- schen sollte — Weiber sind geborne Prote- stantinnen, und haben die Religion der Frei- heit, die Anweisung Gott im Geist und in der Wahrheit anzubeten. Bei dem systemati- schen Gerüste der Religionslehren finden sie kein Interesse, und schwerlich werden sie je durch Doktorhüte in der Gottesgelahrtheit ge- reitzt werden. Sie legen es nicht darauf an, Gottes Existenz zu erweisen; vielmehr sind sie dem Neumonde von Philosophie anver- wandt und zugethan, der den unerweislichen Gott für ein Postulatum der Vernunft erklärt, weil er zu unserer Glückseligkeit nothwendig ist. »Wer gewisse Dinge erweisen will,» sag- te Frau v. **, »zweifelt entweder selbst, oder will den Zweifeln Anderer mit Höflichkeit zu- vorkommen.» Ein theures wahres Wort —! Das Minimum von Glauben, ein Glaubens- Senfkorn, und die Vorstellung von der Mög- lichkeit der Existenz Gottes, ist hinreichend, um Alles aus uns zu machen, was aus uns
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gemeine Leben bringen kann, ist nicht viel
mehr als Sophisterei, womit man seinen Kopt
nicht verderben und sein Herz nicht verfül-
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stantinnen, und haben die Religion der Frei-
heit, die Anweisung Gott im Geist und in
der Wahrheit anzubeten. Bei dem systemati-
schen Gerüste der Religionslehren finden sie
kein Interesse, und schwerlich werden sie je
durch Doktorhüte in der Gottesgelahrtheit ge-
reitzt werden. Sie legen es nicht darauf an,
Gottes Existenz zu erweisen; vielmehr sind
sie dem Neumonde von Philosophie anver-
wandt und zugethan, der den unerweislichen
Gott für ein Postulatum der Vernunft erklärt,
weil er zu unserer Glückseligkeit nothwendig
ist. »Wer gewisse Dinge erweisen will,» sag-
te Frau v. **, »zweifelt entweder selbst, oder
will den Zweifeln Anderer mit Höflichkeit zu-
vorkommen.» Ein theures wahres Wort —!
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/256>, abgerufen am 24.11.2024.
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