auf eine und dieselbe Art in der Religion un- terrichtet? Die Anstalt ist schon da; sie darf nur ausgedehnt werden. Und was kann uns behindern, die, denen wir in der Kirche glei- che Rechte mit uns einräumen, in die Bür- gergemeinschaft aufzunehmen? Werden Mäd- chen und Knaben durch gemeinschaftlichen Unterricht zu Christen vorbereitet, warum sol- len wir sie nicht gemeinschaftlich zu Bürgern erziehen? Sollte denen, welchen die erforder- liche Anlage zu Himmelsbürgern zugestanden wird, der Beruf zur Staatsbürgerschaft abge- sprochen werden? Warum leiden in dieser Gemeinschule die Sitten nicht, obgleich der Religionsunterricht in Jahren ertheilt wird, wo der Geschlechtstrieb äusserst reitzbar ist? Sind die Schüler und Schülerinnen dort nicht eben so wie hier unter Aufsicht? wird ein kluger Lehrer und Erzieher den Veranlassungen zur Erwek- kung des Geschlechtstriebes nicht überall ge- schickt auszuweichen wissen, und jede Belehrung über die künftige Bestimmung seiner Zöglinge so einzulenken verstehen, dass die Folgen nicht schädlich, sondern segensreich ausfallen?
auf eine und dieselbe Art in der Religion un- terrichtet? Die Anstalt ist schon da; sie darf nur ausgedehnt werden. Und was kann uns behindern, die, denen wir in der Kirche glei- che Rechte mit uns einräumen, in die Bür- gergemeinschaft aufzunehmen? Werden Mäd- chen und Knaben durch gemeinschaftlichen Unterricht zu Christen vorbereitet, warum sol- len wir sie nicht gemeinschaftlich zu Bürgern erziehen? Sollte denen, welchen die erforder- liche Anlage zu Himmelsbürgern zugestanden wird, der Beruf zur Staatsbürgerschaft abge- sprochen werden? Warum leiden in dieser Gemeinschule die Sitten nicht, obgleich der Religionsunterricht in Jahren ertheilt wird, wo der Geschlechtstrieb äuſserst reitzbar ist? Sind die Schüler und Schülerinnen dort nicht eben so wie hier unter Aufsicht? wird ein kluger Lehrer und Erzieher den Veranlassungen zur Erwek- kung des Geschlechtstriebes nicht überall ge- schickt auszuweichen wissen, und jede Belehrung über die künftige Bestimmung seiner Zöglinge so einzulenken verstehen, daſs die Folgen nicht schädlich, sondern segensreich ausfallen?
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auf eine und dieselbe Art in der Religion un-
terrichtet? Die Anstalt ist schon da; sie darf
nur ausgedehnt werden. Und was kann uns
behindern, die, denen wir in der Kirche glei-
che Rechte mit uns einräumen, in die Bür-
gergemeinschaft aufzunehmen? Werden Mäd-
chen und Knaben durch gemeinschaftlichen
Unterricht zu Christen vorbereitet, warum sol-
len wir sie nicht gemeinschaftlich zu Bürgern
erziehen? Sollte denen, welchen die erforder-
liche Anlage zu Himmelsbürgern zugestanden
wird, der Beruf zur Staatsbürgerschaft abge-
sprochen werden? Warum leiden in dieser
Gemeinschule die Sitten nicht, obgleich der
Religionsunterricht in Jahren ertheilt wird, wo
der Geschlechtstrieb äuſserst reitzbar ist? Sind
die Schüler und Schülerinnen dort nicht eben so
wie hier unter Aufsicht? wird ein kluger Lehrer
und Erzieher den Veranlassungen zur Erwek-
kung des Geschlechtstriebes nicht überall ge-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/244>, abgerufen am 25.11.2024.
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