zuwarf, einen Gott und ein Thier machen -- nach Belieben. Bloss auf die Behauptung schränk' ich mich ein, dass der Stoff, woraus eine Venus ward, sich eben so gut zu einem Merkur verarbeiten lässt; dass den Weibern das Recht der Gerade gebührt; und dass, wenn die Natur das menschliche Geschlecht zu schaffen anfing, sie den grösseren Theil uns selbst überliess; um die Ehre der Schöpfung mit uns zu theilen. Thätigkeit ist die Würze des Genusses, und Genuss die Würze der Thätigkeit. -- Es ist dem Menschen ange- boren, sagt Cicero (mit andern Worten), dass, wenn er sich Gott denkt, die menschliche Na- tur vor ihm schwebt. -- Man definire den Menschen, wie weiland der göttliche Plato, als ein zweifüssiges Thier ohne Federn, oder als ein Geschöpf, das sich wie ein Tanzmei- ster gerade hält, als Gott, als Thier: nirgends sind Weiber ausgeschlossen; nur müssen sie auch nicht sich selbst ausschliessen -- und wollen und werden sie das? Wesley, der Stif- ter des Methodismus, hatte die Maxime, dass es ohne Fasten und Frühaufstehen unmöglich sei,
in
zuwarf, einen Gott und ein Thier machen — nach Belieben. Bloſs auf die Behauptung schränk’ ich mich ein, daſs der Stoff, woraus eine Venus ward, sich eben so gut zu einem Merkur verarbeiten läſst; daſs den Weibern das Recht der Gerade gebührt; und daſs, wenn die Natur das menschliche Geschlecht zu schaffen anfing, sie den gröſseren Theil uns selbst überlieſs; um die Ehre der Schöpfung mit uns zu theilen. Thätigkeit ist die Würze des Genusses, und Genuſs die Würze der Thätigkeit. — Es ist dem Menschen ange- boren, sagt Cicero (mit andern Worten), daſs, wenn er sich Gott denkt, die menschliche Na- tur vor ihm schwebt. — Man definire den Menschen, wie weiland der göttliche Plato, als ein zweifüſsiges Thier ohne Federn, oder als ein Geschöpf, das sich wie ein Tanzmei- ster gerade hält, als Gott, als Thier: nirgends sind Weiber ausgeschlossen; nur müssen sie auch nicht sich selbst ausschlieſsen — und wollen und werden sie das? Wesley, der Stif- ter des Methodismus, hatte die Maxime, daſs es ohne Fasten und Frühaufstehen unmöglich sei,
in
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0024"n="16"/>
zuwarf, einen Gott und ein Thier machen —<lb/>
nach Belieben. Bloſs auf die Behauptung<lb/>
schränk’ ich mich ein, daſs der Stoff, woraus<lb/>
eine <hirendition="#i">Venus</hi> ward, sich eben so gut zu einem<lb/><hirendition="#i">Merkur</hi> verarbeiten läſst; daſs den Weibern<lb/>
das <hirendition="#i">Recht der Gerade</hi> gebührt; und daſs, wenn<lb/>
die Natur das menschliche Geschlecht zu<lb/>
schaffen <hirendition="#i">anfing,</hi> sie den gröſseren Theil uns<lb/>
selbst überlieſs; um die Ehre der Schöpfung<lb/>
mit uns zu theilen. Thätigkeit ist die Würze<lb/>
des Genusses, und Genuſs die Würze der<lb/>
Thätigkeit. — Es ist dem Menschen ange-<lb/>
boren, sagt <hirendition="#i">Cicero</hi> (mit andern Worten), daſs,<lb/>
wenn er sich Gott denkt, die menschliche Na-<lb/>
tur vor ihm schwebt. — Man definire den<lb/>
Menschen, wie weiland der göttliche <hirendition="#i">Plato,</hi><lb/>
als <hirendition="#i">ein zweifüſsiges Thier ohne Federn,</hi> oder<lb/>
als ein <hirendition="#i">Geschöpf,</hi> das sich wie ein Tanzmei-<lb/>
ster <hirendition="#i">gerade</hi> hält, als Gott, als Thier: nirgends<lb/>
sind Weiber ausgeschlossen; nur müssen sie<lb/>
auch nicht sich selbst ausschlieſsen — und<lb/>
wollen und werden sie das? <hirendition="#i">Wesley,</hi> der Stif-<lb/>
ter des Methodismus, hatte die Maxime, daſs es<lb/>
ohne Fasten und Frühaufstehen unmöglich sei,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">in</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[16/0024]
zuwarf, einen Gott und ein Thier machen —
nach Belieben. Bloſs auf die Behauptung
schränk’ ich mich ein, daſs der Stoff, woraus
eine Venus ward, sich eben so gut zu einem
Merkur verarbeiten läſst; daſs den Weibern
das Recht der Gerade gebührt; und daſs, wenn
die Natur das menschliche Geschlecht zu
schaffen anfing, sie den gröſseren Theil uns
selbst überlieſs; um die Ehre der Schöpfung
mit uns zu theilen. Thätigkeit ist die Würze
des Genusses, und Genuſs die Würze der
Thätigkeit. — Es ist dem Menschen ange-
boren, sagt Cicero (mit andern Worten), daſs,
wenn er sich Gott denkt, die menschliche Na-
tur vor ihm schwebt. — Man definire den
Menschen, wie weiland der göttliche Plato,
als ein zweifüſsiges Thier ohne Federn, oder
als ein Geschöpf, das sich wie ein Tanzmei-
ster gerade hält, als Gott, als Thier: nirgends
sind Weiber ausgeschlossen; nur müssen sie
auch nicht sich selbst ausschlieſsen — und
wollen und werden sie das? Wesley, der Stif-
ter des Methodismus, hatte die Maxime, daſs es
ohne Fasten und Frühaufstehen unmöglich sei,
in
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/24>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.