hemmt, die Brust verengt, das Herz unter- drückt, Saft und Kraft -- wenn gleich (was leider nur selten der Fall ist) Alles unverdor- ben auf die Welt gebracht seyn sollte -- früh- zeitig erschlafft und die Maschine übereilt wird. Die tyrannische Mode! Selbst unsere Mahler und Bildhauer sind ihrethalben der traurigen Verlegenheit ausgesetzt, zu einem idealischen Costume ihre Zuflucht zu nehmen, da die Ungereimtheiten der Mode nicht bei dem Altare des Geschmackes bestehen -- Eine feine Rache, welche die Natur an ihren Ver- ächtern nimmt --! Bei Gelegenheit der bür- gerlichen Weiberverbesserung wäre nichts leich- ter, als eine Kleiderordnung in physischer und moralischer Rücksicht in Gang zu bringen, sie wohlfeil, natürlich und einfach zu stellen, und diese Sache gleich fern von Übertreibung und Montirungssucht in Erwägung zu neh- men. Nur aus unverzärtelten, festen, wackern Kindern werden unverzärtelte, feste, wackere Leute! -- Lasset die Weiber erst sich selbst stark fühlen, und sie werden an Leib und Seele starke Kinder leiblich gebären und geist-
hemmt, die Brust verengt, das Herz unter- drückt, Saft und Kraft — wenn gleich (was leider nur selten der Fall ist) Alles unverdor- ben auf die Welt gebracht seyn sollte — früh- zeitig erschlafft und die Maschine übereilt wird. Die tyrannische Mode! Selbst unsere Mahler und Bildhauer sind ihrethalben der traurigen Verlegenheit ausgesetzt, zu einem idealischen Costume ihre Zuflucht zu nehmen, da die Ungereimtheiten der Mode nicht bei dem Altare des Geschmackes bestehen — Eine feine Rache, welche die Natur an ihren Ver- ächtern nimmt —! Bei Gelegenheit der bür- gerlichen Weiberverbesserung wäre nichts leich- ter, als eine Kleiderordnung in physischer und moralischer Rücksicht in Gang zu bringen, sie wohlfeil, natürlich und einfach zu stellen, und diese Sache gleich fern von Übertreibung und Montirungssucht in Erwägung zu neh- men. Nur aus unverzärtelten, festen, wackern Kindern werden unverzärtelte, feste, wackere Leute! — Lasset die Weiber erst sich selbst stark fühlen, und sie werden an Leib und Seele starke Kinder leiblich gebären und geist-
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hemmt, die Brust verengt, das Herz unter-
drückt, Saft und Kraft — wenn gleich (was
leider nur selten der Fall ist) Alles unverdor-
ben auf die Welt gebracht seyn sollte — früh-
zeitig erschlafft und die Maschine übereilt
wird. Die tyrannische Mode! Selbst unsere
Mahler und Bildhauer sind ihrethalben der
traurigen Verlegenheit ausgesetzt, zu einem
idealischen Costume ihre Zuflucht zu nehmen,
da die Ungereimtheiten der Mode nicht bei
dem Altare des Geschmackes bestehen — Eine
feine Rache, welche die Natur an ihren Ver-
ächtern nimmt —! Bei Gelegenheit der bür-
gerlichen Weiberverbesserung wäre nichts leich-
ter, als eine Kleiderordnung in physischer und
moralischer Rücksicht in Gang zu bringen,
sie wohlfeil, natürlich und einfach zu stellen,
und diese Sache gleich fern von Übertreibung
und Montirungssucht in Erwägung zu neh-
men. Nur aus unverzärtelten, festen, wackern
Kindern werden unverzärtelte, feste, wackere
Leute! — Lasset die Weiber erst sich selbst
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/234>, abgerufen am 26.11.2024.
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