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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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predigt wird! Ich kehre mit dem Vorschlage
zurück, dass so lange bis das Kind zum Mäd-
chen oder zum Knaben heranreift, beide unter
den Händen und der Aufsicht des weiblichen
Geschlechtes bleiben sollten. Der Staat und
das weibliche Geschlecht würden dabei gewin-
nen. Alle Kinderschulen sollten Weiber zu
Aufseherinnen und Lehrerinnen haben, weil
die Natur das weibliche Geschlecht dazu mit
ausgezeichneter Fähigkeit hinreichend ausge-
stattet hat. Reinlichkeit, ein zur Erhaltung
der Kinder so nöthiges und wichtiges Erfor-
derniss, Sanftmuth, Geduld, Ausdauer bei an-
scheinend kleinlichen Beschäftigungen, Mit-
theilung, Redefertigkeit, und andere zur Kin-
dererziehung unentbehrliche Eigenschaften,
scheinen dem weiblichen Geschlechte von
Natur eigen, bei dem männlichen dagegen
bloss Kunstfertigkeiten zu seyn. Wie sich
Natur zur Kunst verhält; so würde sich auch
eine Kindererziehung durch Weiber gegen die
jetzige verhalten. Schon gegenwärtig ist ihr
Antheil gross; was würden wir ohne ihren
Beistand vermögen? O, was für eine Schule

predigt wird! Ich kehre mit dem Vorschlage
zurück, daſs so lange bis das Kind zum Mäd-
chen oder zum Knaben heranreift, beide unter
den Händen und der Aufsicht des weiblichen
Geschlechtes bleiben sollten. Der Staat und
das weibliche Geschlecht würden dabei gewin-
nen. Alle Kinderschulen sollten Weiber zu
Aufseherinnen und Lehrerinnen haben, weil
die Natur das weibliche Geschlecht dazu mit
ausgezeichneter Fähigkeit hinreichend ausge-
stattet hat. Reinlichkeit, ein zur Erhaltung
der Kinder so nöthiges und wichtiges Erfor-
derniſs, Sanftmuth, Geduld, Ausdauer bei an-
scheinend kleinlichen Beschäftigungen, Mit-
theilung, Redefertigkeit, und andere zur Kin-
dererziehung unentbehrliche Eigenschaften,
scheinen dem weiblichen Geschlechte von
Natur eigen, bei dem männlichen dagegen
bloſs Kunstfertigkeiten zu seyn. Wie sich
Natur zur Kunst verhält; so würde sich auch
eine Kindererziehung durch Weiber gegen die
jetzige verhalten. Schon gegenwärtig ist ihr
Antheil groſs; was würden wir ohne ihren
Beistand vermögen? O, was für eine Schule

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[222/0230] predigt wird! Ich kehre mit dem Vorschlage zurück, daſs so lange bis das Kind zum Mäd- chen oder zum Knaben heranreift, beide unter den Händen und der Aufsicht des weiblichen Geschlechtes bleiben sollten. Der Staat und das weibliche Geschlecht würden dabei gewin- nen. Alle Kinderschulen sollten Weiber zu Aufseherinnen und Lehrerinnen haben, weil die Natur das weibliche Geschlecht dazu mit ausgezeichneter Fähigkeit hinreichend ausge- stattet hat. Reinlichkeit, ein zur Erhaltung der Kinder so nöthiges und wichtiges Erfor- derniſs, Sanftmuth, Geduld, Ausdauer bei an- scheinend kleinlichen Beschäftigungen, Mit- theilung, Redefertigkeit, und andere zur Kin- dererziehung unentbehrliche Eigenschaften, scheinen dem weiblichen Geschlechte von Natur eigen, bei dem männlichen dagegen bloſs Kunstfertigkeiten zu seyn. Wie sich Natur zur Kunst verhält; so würde sich auch eine Kindererziehung durch Weiber gegen die jetzige verhalten. Schon gegenwärtig ist ihr Antheil groſs; was würden wir ohne ihren Beistand vermögen? O, was für eine Schule

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/230>, abgerufen am 25.11.2024.