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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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übertreten eine Sünde wider den heiligen
Geist ist. -- Wie ist ein Stoff zu organisiren,
wenn es nicht auf die Vereinfachung des Viel-
fachen angelegt wird? Wie ist dem mensch-
lichen Geschlechte zu rathen und zu helfen,
wenn man so entsetzlich einseitig verfährt?
Der Himmel der alten Welt hatte seine Göt-
tinnen so gut wie seine Götter; nur unter den
Menschen soll es keine anderen Götter geben
neben den Männern von Gottes Gnaden! --
Ist es ein Seelenfest, wenn entfernte, einander
völlig fremd gewordene Gegenstände in der
Geisterwelt sich zusammen finden; wenn sich
oft das Allerverschiedenste in einem Berüh-
rungspunkte des Denkens trifft, wo seine ur-
sprüngliche Verwandtschaft wieder einleuch-
tend wird; wenn sich dergleichen von einan-
der abgekommene Gegenstände Hände und
Trauringe geben und eine Himmelsstimme sich
hören lässt: was Gott zusammen fügt, soll der
Mensch nicht scheiden; ist es unaussprechliche
Wonne, wenn Freunde nach langen See- und
Landreisen sich wieder an Stell' und Ort um-
armen und sich an die paradiesischen Jahre

übertreten eine Sünde wider den heiligen
Geist ist. — Wie ist ein Stoff zu organisiren,
wenn es nicht auf die Vereinfachung des Viel-
fachen angelegt wird? Wie ist dem mensch-
lichen Geschlechte zu rathen und zu helfen,
wenn man so entsetzlich einseitig verfährt?
Der Himmel der alten Welt hatte seine Göt-
tinnen so gut wie seine Götter; nur unter den
Menschen soll es keine anderen Götter geben
neben den Männern von Gottes Gnaden! —
Ist es ein Seelenfest, wenn entfernte, einander
völlig fremd gewordene Gegenstände in der
Geisterwelt sich zusammen finden; wenn sich
oft das Allerverschiedenste in einem Berüh-
rungspunkte des Denkens trifft, wo seine ur-
sprüngliche Verwandtschaft wieder einleuch-
tend wird; wenn sich dergleichen von einan-
der abgekommene Gegenstände Hände und
Trauringe geben und eine Himmelsstimme sich
hören läſst: was Gott zusammen fügt, soll der
Mensch nicht scheiden; ist es unaussprechliche
Wonne, wenn Freunde nach langen See- und
Landreisen sich wieder an Stell’ und Ort um-
armen und sich an die paradiesischen Jahre

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[14/0022] übertreten eine Sünde wider den heiligen Geist ist. — Wie ist ein Stoff zu organisiren, wenn es nicht auf die Vereinfachung des Viel- fachen angelegt wird? Wie ist dem mensch- lichen Geschlechte zu rathen und zu helfen, wenn man so entsetzlich einseitig verfährt? Der Himmel der alten Welt hatte seine Göt- tinnen so gut wie seine Götter; nur unter den Menschen soll es keine anderen Götter geben neben den Männern von Gottes Gnaden! — Ist es ein Seelenfest, wenn entfernte, einander völlig fremd gewordene Gegenstände in der Geisterwelt sich zusammen finden; wenn sich oft das Allerverschiedenste in einem Berüh- rungspunkte des Denkens trifft, wo seine ur- sprüngliche Verwandtschaft wieder einleuch- tend wird; wenn sich dergleichen von einan- der abgekommene Gegenstände Hände und Trauringe geben und eine Himmelsstimme sich hören läſst: was Gott zusammen fügt, soll der Mensch nicht scheiden; ist es unaussprechliche Wonne, wenn Freunde nach langen See- und Landreisen sich wieder an Stell’ und Ort um- armen und sich an die paradiesischen Jahre

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/22>, abgerufen am 24.11.2024.