tische, wenn man aus Furcht vor der Strafe thut, was die Gesetze wollen, oder unterlässt, was sie nicht wollen, ist unmännlich, so wie ihre Verwandtin, die Befürchtung, vermittelst deren wir den Gelegenheiten zuvorkommen wollen, wodurch wir dergleichen Strafen und Strafgerichten unterworfen werden können.
Wir wollen ein Geschlecht fürchten, das zur Liebe geschaffen ist, und, wenn es zürnt, selten die Sonne über seinen Zorn untergehen lässt? das bis auf Einen Punkt (und dieser ist eine Sünde wider den heiligen Geist des Ge- schlechtes) dem Beleidiger zwei Drittheile des Weges entgegen kommt, um ihm Versöhnung anzubieten! Wie viel mehr Ursache haben wir, uns selbst zu fürchten, als ein Geschlecht, das, wenn man es in seine Rechte einsetzte, uns, wo nicht Erkenntlichkeit, so doch Wohl- wollen schuldig wäre, und diese Schuld kraft seines Wesens und Seyns so gern abtragen würde!
Man sagt, es sey schwer zu hoffen, dass das menschliche Geschlecht, welches von der Natur sich so weit und breit zu entfernen die
tische, wenn man aus Furcht vor der Strafe thut, was die Gesetze wollen, oder unterläſst, was sie nicht wollen, ist unmännlich, so wie ihre Verwandtin, die Befürchtung, vermittelst deren wir den Gelegenheiten zuvorkommen wollen, wodurch wir dergleichen Strafen und Strafgerichten unterworfen werden können.
Wir wollen ein Geschlecht fürchten, das zur Liebe geschaffen ist, und, wenn es zürnt, selten die Sonne über seinen Zorn untergehen läſst? das bis auf Einen Punkt (und dieser ist eine Sünde wider den heiligen Geist des Ge- schlechtes) dem Beleidiger zwei Drittheile des Weges entgegen kommt, um ihm Versöhnung anzubieten! Wie viel mehr Ursache haben wir, uns selbst zu fürchten, als ein Geschlecht, das, wenn man es in seine Rechte einsetzte, uns, wo nicht Erkenntlichkeit, so doch Wohl- wollen schuldig wäre, und diese Schuld kraft seines Wesens und Seyns so gern abtragen würde!
Man sagt, es sey schwer zu hoffen, daſs das menschliche Geschlecht, welches von der Natur sich so weit und breit zu entfernen die
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0195"n="187"/>
tische, wenn man aus Furcht vor der Strafe<lb/>
thut, was die Gesetze wollen, oder unterläſst,<lb/>
was sie nicht wollen, ist unmännlich, so wie<lb/>
ihre Verwandtin, die Befürchtung, vermittelst<lb/>
deren wir den Gelegenheiten zuvorkommen<lb/>
wollen, wodurch wir dergleichen Strafen und<lb/>
Strafgerichten unterworfen werden können.</p><lb/><p>Wir wollen ein Geschlecht fürchten, das<lb/>
zur Liebe geschaffen ist, und, wenn es zürnt,<lb/>
selten die Sonne über seinen Zorn untergehen<lb/>
läſst? das bis auf Einen Punkt (und dieser ist<lb/>
eine Sünde wider den heiligen Geist des Ge-<lb/>
schlechtes) dem Beleidiger zwei Drittheile des<lb/>
Weges entgegen kommt, um ihm Versöhnung<lb/>
anzubieten! Wie viel mehr Ursache haben<lb/>
wir, uns selbst zu fürchten, als ein Geschlecht,<lb/>
das, wenn man es in seine Rechte einsetzte,<lb/>
uns, wo nicht Erkenntlichkeit, so doch Wohl-<lb/>
wollen schuldig wäre, und diese Schuld kraft<lb/>
seines Wesens und Seyns so gern abtragen<lb/>
würde!</p><lb/><p>Man sagt, es sey schwer zu hoffen, daſs<lb/>
das menschliche Geschlecht, welches von der<lb/>
Natur sich so weit und breit zu entfernen die<lb/></p></div></body></text></TEI>
[187/0195]
tische, wenn man aus Furcht vor der Strafe
thut, was die Gesetze wollen, oder unterläſst,
was sie nicht wollen, ist unmännlich, so wie
ihre Verwandtin, die Befürchtung, vermittelst
deren wir den Gelegenheiten zuvorkommen
wollen, wodurch wir dergleichen Strafen und
Strafgerichten unterworfen werden können.
Wir wollen ein Geschlecht fürchten, das
zur Liebe geschaffen ist, und, wenn es zürnt,
selten die Sonne über seinen Zorn untergehen
läſst? das bis auf Einen Punkt (und dieser ist
eine Sünde wider den heiligen Geist des Ge-
schlechtes) dem Beleidiger zwei Drittheile des
Weges entgegen kommt, um ihm Versöhnung
anzubieten! Wie viel mehr Ursache haben
wir, uns selbst zu fürchten, als ein Geschlecht,
das, wenn man es in seine Rechte einsetzte,
uns, wo nicht Erkenntlichkeit, so doch Wohl-
wollen schuldig wäre, und diese Schuld kraft
seines Wesens und Seyns so gern abtragen
würde!
Man sagt, es sey schwer zu hoffen, daſs
das menschliche Geschlecht, welches von der
Natur sich so weit und breit zu entfernen die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/195>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.