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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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auflegt; und wir werden weder Gestalt noch
Schöne an ihm finden -- Wir mögen uns
nicht anstrengen, um mit dem andern Ge-
schlechte Schritt zu halten; und das müssten
wir oft über unser Denken und Vermögen,
wenn wir ihm gleich kommen wollten. Wir
geben ihm sonach Räthsel auf, die der Auf-
lösung nicht werth sind; wir verlangen Traum-
deutungen von ihm, ohne dass wir ihm den
Traum bekannt machen; wir suchen es in
das Spielwerk der Welt zu verwickeln, und
es dem Ernste- und Nachdenken so viel als
möglich zu entziehen: -- und doch ist dieser
Müssiggang -- welches Weib wird nicht dazu
auf eine grobe und subtile Art verurtheilt? --
der Grund von allem jenem Übel, wovon reelle
Beschäftigung das Weib, seinen Mann und
die Welt befreien würde. -- Die Thätigkeit
hat drei Grazien zu Töchtern: Tugend, Wis-
senschaft
und Reichthum; allein welche Thä-
tigkeit? die, wozu Männer aus Machtvollkom-
menheit die Weiber verurtheilen, oder jene,
die man bei selbstgewählten Geschäften an-
wendet? die, wo Lied- und Tagelohn bezahlt

auflegt; und wir werden weder Gestalt noch
Schöne an ihm finden — Wir mögen uns
nicht anstrengen, um mit dem andern Ge-
schlechte Schritt zu halten; und das müſsten
wir oft über unser Denken und Vermögen,
wenn wir ihm gleich kommen wollten. Wir
geben ihm sonach Räthsel auf, die der Auf-
lösung nicht werth sind; wir verlangen Traum-
deutungen von ihm, ohne daſs wir ihm den
Traum bekannt machen; wir suchen es in
das Spielwerk der Welt zu verwickeln, und
es dem Ernste- und Nachdenken so viel als
möglich zu entziehen: — und doch ist dieser
Müſsiggang — welches Weib wird nicht dazu
auf eine grobe und subtile Art verurtheilt? —
der Grund von allem jenem Übel, wovon reelle
Beschäftigung das Weib, seinen Mann und
die Welt befreien würde. — Die Thätigkeit
hat drei Grazien zu Töchtern: Tugend, Wis-
senschaft
und Reichthum; allein welche Thä-
tigkeit? die, wozu Männer aus Machtvollkom-
menheit die Weiber verurtheilen, oder jene,
die man bei selbstgewählten Geschäften an-
wendet? die, wo Lied- und Tagelohn bezahlt

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[166/0174] auflegt; und wir werden weder Gestalt noch Schöne an ihm finden — Wir mögen uns nicht anstrengen, um mit dem andern Ge- schlechte Schritt zu halten; und das müſsten wir oft über unser Denken und Vermögen, wenn wir ihm gleich kommen wollten. Wir geben ihm sonach Räthsel auf, die der Auf- lösung nicht werth sind; wir verlangen Traum- deutungen von ihm, ohne daſs wir ihm den Traum bekannt machen; wir suchen es in das Spielwerk der Welt zu verwickeln, und es dem Ernste- und Nachdenken so viel als möglich zu entziehen: — und doch ist dieser Müſsiggang — welches Weib wird nicht dazu auf eine grobe und subtile Art verurtheilt? — der Grund von allem jenem Übel, wovon reelle Beschäftigung das Weib, seinen Mann und die Welt befreien würde. — Die Thätigkeit hat drei Grazien zu Töchtern: Tugend, Wis- senschaft und Reichthum; allein welche Thä- tigkeit? die, wozu Männer aus Machtvollkom- menheit die Weiber verurtheilen, oder jene, die man bei selbstgewählten Geschäften an- wendet? die, wo Lied- und Tagelohn bezahlt

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/174>, abgerufen am 24.11.2024.