diesem Plane nicht, den Weibern eben schwer zu fallen und ihnen Schaden oder Leides zu thun; sondern ihnen und uns nützlich zu werden. Vielleicht war ein Plan dieser ver- meintlich nutzreichen Art der Anfang mancher andern, jetzt so ausgearteten Herrschaft. Die Furcht schuf Götter, sagt ein Alter; -- nicht auch die Liebe? Wir sollen Gott fürchten und lieben, fängt Luther jede Erklärung der zehn Gebote an -- und doch treibt die Lie- be die Furcht aus --!
Sehet euch um! noch jetzt werdet ihr fin- den, dass Männer, die ihre Weiber anbeten, vorzüglich jedem Beitrage zur Verbesserung des anderen Geschlechtes ausweichen. Und warum dieser befremdende Widerstand? Das Gefühl von dem Werthe seines vortreflichen Weibes verstärkt die Furcht des Herrn Ge- mahls. Die Verehrung, die er ihm widmet, unterdrückt den Gedanken, dem Geschlechte in ihm Gerechtigkeit zu erweisen -- Auch der beste Mann ist neidisch auf grosse Eigen- schaften seines Weibes, die ihm gefährlich werden können; er will mit seinen Wohltha-
diesem Plane nicht, den Weibern eben schwer zu fallen und ihnen Schaden oder Leides zu thun; sondern ihnen und uns nützlich zu werden. Vielleicht war ein Plan dieser ver- meintlich nutzreichen Art der Anfang mancher andern, jetzt so ausgearteten Herrschaft. Die Furcht schuf Götter, sagt ein Alter; — nicht auch die Liebe? Wir sollen Gott fürchten und lieben, fängt Luther jede Erklärung der zehn Gebote an — und doch treibt die Lie- be die Furcht aus —!
Sehet euch um! noch jetzt werdet ihr fin- den, daſs Männer, die ihre Weiber anbeten, vorzüglich jedem Beitrage zur Verbesserung des anderen Geschlechtes ausweichen. Und warum dieser befremdende Widerstand? Das Gefühl von dem Werthe seines vortreflichen Weibes verstärkt die Furcht des Herrn Ge- mahls. Die Verehrung, die er ihm widmet, unterdrückt den Gedanken, dem Geschlechte in ihm Gerechtigkeit zu erweisen — Auch der beste Mann ist neidisch auf groſse Eigen- schaften seines Weibes, die ihm gefährlich werden können; er will mit seinen Wohltha-
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diesem Plane nicht, den Weibern eben schwer
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thun; sondern ihnen und uns nützlich zu
werden. Vielleicht war ein Plan dieser ver-
meintlich nutzreichen Art der Anfang mancher
andern, jetzt so ausgearteten Herrschaft. Die
Furcht schuf Götter, sagt ein Alter; — nicht
auch die Liebe? Wir sollen Gott fürchten
und lieben, fängt Luther jede Erklärung der
zehn Gebote an — und doch treibt die Lie-
be die Furcht aus —!
Sehet euch um! noch jetzt werdet ihr fin-
den, daſs Männer, die ihre Weiber anbeten,
vorzüglich jedem Beitrage zur Verbesserung
des anderen Geschlechtes ausweichen. Und
warum dieser befremdende Widerstand? Das
Gefühl von dem Werthe seines vortreflichen
Weibes verstärkt die Furcht des Herrn Ge-
mahls. Die Verehrung, die er ihm widmet,
unterdrückt den Gedanken, dem Geschlechte
in ihm Gerechtigkeit zu erweisen — Auch
der beste Mann ist neidisch auf groſse Eigen-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/172>, abgerufen am 22.11.2024.
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