Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

er der Sache nicht näher, als der gesetzga-
lante Justinian, der das grösste Sibyllinische
Buch, die Welt, dem schönen Geschlechte
noch mehr verriegelte, wogegen Franz I. es
ihm öffnete? -- Wie konnte man überhaupt
von der damaligen Zeit, wo alle Gelehrsam-
keit auf so schwachen Füssen stand oder ging,
Helden- und Meisterzüge der Gesetzgebung er-
warten?

Es giebt, sagt man, nach der Verschieden-
heit der weiblichen Rechte, auch verschiedene
Beweggründe zu ihrer Bewilligung -- und in
jedem Gesetz ist der Grund, weshalb es gege-
ben ward, am sichersten aufzusuchen. Zwar
ist es nicht immer der, welchen die gesetz-
gebende Majestät anführt; indess wird man
über die Floskeln des angegebenen Grundes
sich eben so leicht wegsetzen, als wir heut zu
Tage wissen, wie wir uns mit dem allgemei-
nen Besten und der angestammten Huld und
Gnade einzuverstehen haben. Schwäche des
Geschlechtes ist zum Beispiel die Ursache,
warum es keine Bürgschaft gültig überneh-
men kann; und da diese Schwäche selbst

K 5

er der Sache nicht näher, als der gesetzga-
lante Justinian, der das gröſste Sibyllinische
Buch, die Welt, dem schönen Geschlechte
noch mehr verriegelte, wogegen Franz I. es
ihm öffnete? — Wie konnte man überhaupt
von der damaligen Zeit, wo alle Gelehrsam-
keit auf so schwachen Füſsen stand oder ging,
Helden- und Meisterzüge der Gesetzgebung er-
warten?

Es giebt, sagt man, nach der Verschieden-
heit der weiblichen Rechte, auch verschiedene
Beweggründe zu ihrer Bewilligung — und in
jedem Gesetz ist der Grund, weshalb es gege-
ben ward, am sichersten aufzusuchen. Zwar
ist es nicht immer der, welchen die gesetz-
gebende Majestät anführt; indeſs wird man
über die Floskeln des angegebenen Grundes
sich eben so leicht wegsetzen, als wir heut zu
Tage wissen, wie wir uns mit dem allgemei-
nen Besten und der angestammten Huld und
Gnade einzuverstehen haben. Schwäche des
Geschlechtes ist zum Beispiel die Ursache,
warum es keine Bürgschaft gültig überneh-
men kann; und da diese Schwäche selbst

K 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0161" n="153"/>
er der Sache nicht näher, als der gesetzga-<lb/>
lante <hi rendition="#i">Justinian</hi>, der das grö&#x017F;ste Sibyllinische<lb/>
Buch, <hi rendition="#i">die Welt</hi>, dem schönen Geschlechte<lb/>
noch mehr verriegelte, wogegen <hi rendition="#i">Franz I.</hi> es<lb/>
ihm öffnete? &#x2014; Wie konnte man überhaupt<lb/>
von der damaligen Zeit, wo alle Gelehrsam-<lb/>
keit auf so schwachen Fü&#x017F;sen stand oder ging,<lb/>
Helden- und Meisterzüge der Gesetzgebung er-<lb/>
warten?</p><lb/>
          <p>Es giebt, sagt man, nach der Verschieden-<lb/>
heit der weiblichen Rechte, auch verschiedene<lb/>
Beweggründe zu ihrer Bewilligung &#x2014; und in<lb/>
jedem Gesetz ist der Grund, weshalb es gege-<lb/>
ben ward, am sichersten aufzusuchen. Zwar<lb/>
ist es nicht immer der, welchen die gesetz-<lb/>
gebende Majestät anführt; inde&#x017F;s wird man<lb/>
über die Floskeln des angegebenen Grundes<lb/>
sich eben so leicht wegsetzen, als wir heut zu<lb/>
Tage wissen, wie wir uns mit dem <hi rendition="#i">allgemei-<lb/>
nen Besten</hi> und der <hi rendition="#i">angestammten Huld und<lb/>
Gnade</hi> einzuverstehen haben. Schwäche des<lb/>
Geschlechtes ist zum Beispiel die Ursache,<lb/>
warum es keine Bürgschaft gültig überneh-<lb/>
men kann; und da diese Schwäche selbst<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 5</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0161] er der Sache nicht näher, als der gesetzga- lante Justinian, der das gröſste Sibyllinische Buch, die Welt, dem schönen Geschlechte noch mehr verriegelte, wogegen Franz I. es ihm öffnete? — Wie konnte man überhaupt von der damaligen Zeit, wo alle Gelehrsam- keit auf so schwachen Füſsen stand oder ging, Helden- und Meisterzüge der Gesetzgebung er- warten? Es giebt, sagt man, nach der Verschieden- heit der weiblichen Rechte, auch verschiedene Beweggründe zu ihrer Bewilligung — und in jedem Gesetz ist der Grund, weshalb es gege- ben ward, am sichersten aufzusuchen. Zwar ist es nicht immer der, welchen die gesetz- gebende Majestät anführt; indeſs wird man über die Floskeln des angegebenen Grundes sich eben so leicht wegsetzen, als wir heut zu Tage wissen, wie wir uns mit dem allgemei- nen Besten und der angestammten Huld und Gnade einzuverstehen haben. Schwäche des Geschlechtes ist zum Beispiel die Ursache, warum es keine Bürgschaft gültig überneh- men kann; und da diese Schwäche selbst K 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/161
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/161>, abgerufen am 25.11.2024.