ihnen Gnade für Recht widerfahren, wenn sie ihnen einige Brosamen von ihrem Überflusse zuwarfen; das heisst: wenn sie ihnen einige Vortheile vor den Sklaven zugestanden. Indess fanden es die Griechen, und vorzüglich die Römer, billiger oder (besser) politischer, das weiblche Geschlecht in die Staats- und Ge- setzordnung mit einzuschliessen. -- Wie es der Orient mit den Weibern gehalten hat, ist, ausser dem, was der Jüdische Gesetzgeber in Rücksicht ihrer anordnet, nicht bis auf unsere Zeiten gekommen; doch scheint ihr ehemali- ger Zustand in diesem Vaterlande des Despo- tismus und der Vielweiberei vor dem jetzigen sich nicht ausgezeichnet zu haben, da Asich und Afrika, seitdem die Griechen und Römer daselbst bekannt wurden, in der Cultur eher zurück- als vorgeschritten sind. -- Der Mensch ist zur Freiheit geboren; sie ist die Sonne, de- ren Einfluss Alles hervorbringt. -- Da, wo Freiheit unterdrückt wird, kann nichts, was menschlich ist und heisst, zu Kräften kom- men. -- Dort ist noch die Ehe, dieser wich- tigste und heiligste Vertrag im Staate, nichts
ihnen Gnade für Recht widerfahren, wenn sie ihnen einige Brosamen von ihrem Überflusse zuwarfen; das heiſst: wenn sie ihnen einige Vortheile vor den Sklaven zugestanden. Indeſs fanden es die Griechen, und vorzüglich die Römer, billiger oder (besser) politischer, das weiblche Geschlecht in die Staats- und Ge- setzordnung mit einzuschlieſsen. — Wie es der Orient mit den Weibern gehalten hat, ist, auſser dem, was der Jüdische Gesetzgeber in Rücksicht ihrer anordnet, nicht bis auf unsere Zeiten gekommen; doch scheint ihr ehemali- ger Zustand in diesem Vaterlande des Despo- tismus und der Vielweiberei vor dem jetzigen sich nicht ausgezeichnet zu haben, da Asich und Afrika, seitdem die Griechen und Römer daselbst bekannt wurden, in der Cultur eher zurück- als vorgeschritten sind. — Der Mensch ist zur Freiheit geboren; sie ist die Sonne, de- ren Einfluſs Alles hervorbringt. — Da, wo Freiheit unterdrückt wird, kann nichts, was menschlich ist und heiſst, zu Kräften kom- men. — Dort ist noch die Ehe, dieser wich- tigste und heiligste Vertrag im Staate, nichts
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ihnen Gnade für Recht widerfahren, wenn sie
ihnen einige Brosamen von ihrem Überflusse
zuwarfen; das heiſst: wenn sie ihnen einige
Vortheile vor den Sklaven zugestanden. Indeſs
fanden es die Griechen, und vorzüglich die
Römer, billiger oder (besser) politischer, das
weiblche Geschlecht in die Staats- und Ge-
setzordnung mit einzuschlieſsen. — Wie es
der Orient mit den Weibern gehalten hat, ist,
auſser dem, was der Jüdische Gesetzgeber in
Rücksicht ihrer anordnet, nicht bis auf unsere
Zeiten gekommen; doch scheint ihr ehemali-
ger Zustand in diesem Vaterlande des Despo-
tismus und der Vielweiberei vor dem jetzigen
sich nicht ausgezeichnet zu haben, da Asich
und Afrika, seitdem die Griechen und Römer
daselbst bekannt wurden, in der Cultur eher
zurück- als vorgeschritten sind. — Der Mensch
ist zur Freiheit geboren; sie ist die Sonne, de-
ren Einfluſs Alles hervorbringt. — Da, wo
Freiheit unterdrückt wird, kann nichts, was
menschlich ist und heiſst, zu Kräften kom-
men. — Dort ist noch die Ehe, dieser wich-
tigste und heiligste Vertrag im Staate, nichts
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/134>, abgerufen am 24.11.2024.
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