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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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anlege, dass die Stimme seiner theoretischen
und praktischen Vernunft, seiner Einsicht und
seines Gewissens, nicht unbefolgt bleibe!
Zwar kommt es hier immer noch bloss auf
den Glauben an die Menschheit an, der durch
so manche unerhörte, unerklärliche Begeben-
heiten nicht nur in Hinsicht einzelner Men-
schen, sondern auch ganzer Nationen schwan-
kend gemacht wird; wer wollt' indess auch
bei einem Senfkorn dieses Glaubens ver-
zweifeln! Vater der Menschen, stärk' uns
diesen Glauben! Wie plaulos da alles durch
einander läuft! wie viel Zerstörungssucht, Ha-
der, Neid, Zank, Zwietracht! Alles ver-
schworen, die Wünsche des Menschenfreun-
des zu vereiteln und der göttlichen Bestimmung
entgegen zu arbeiten! Doch jene goldreine
Zeit wird kommen, wo die Menschheit
mehr von Schlacken geläutert seyn wird! nur
dass nicht, was bei menschlichen Handlungen
glänzt, uns sogleich etwas Göttliches scheine!
Nicht Alles was glänzt, ist Gold. Nur dass
wir uns durch nichts, selbst nicht durch den
herrlichsten kosmopolitischen Zweck, zum

anlege, daſs die Stimme seiner theoretischen
und praktischen Vernunft, seiner Einsicht und
seines Gewissens, nicht unbefolgt bleibe!
Zwar kommt es hier immer noch bloſs auf
den Glauben an die Menschheit an, der durch
so manche unerhörte, unerklärliche Begeben-
heiten nicht nur in Hinsicht einzelner Men-
schen, sondern auch ganzer Nationen schwan-
kend gemacht wird; wer wollt’ indeſs auch
bei einem Senfkorn dieses Glaubens ver-
zweifeln! Vater der Menschen, stärk’ uns
diesen Glauben! Wie plaulos da alles durch
einander läuft! wie viel Zerstörungssucht, Ha-
der, Neid, Zank, Zwietracht! Alles ver-
schworen, die Wünsche des Menschenfreun-
des zu vereiteln und der göttlichen Bestimmung
entgegen zu arbeiten! Doch jene goldreine
Zeit wird kommen, wo die Menschheit
mehr von Schlacken geläutert seyn wird! nur
daſs nicht, was bei menschlichen Handlungen
glänzt, uns sogleich etwas Göttliches scheine!
Nicht Alles was glänzt, ist Gold. Nur daſs
wir uns durch nichts, selbst nicht durch den
herrlichsten kosmopolitischen Zweck, zum

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[114/0122] anlege, daſs die Stimme seiner theoretischen und praktischen Vernunft, seiner Einsicht und seines Gewissens, nicht unbefolgt bleibe! Zwar kommt es hier immer noch bloſs auf den Glauben an die Menschheit an, der durch so manche unerhörte, unerklärliche Begeben- heiten nicht nur in Hinsicht einzelner Men- schen, sondern auch ganzer Nationen schwan- kend gemacht wird; wer wollt’ indeſs auch bei einem Senfkorn dieses Glaubens ver- zweifeln! Vater der Menschen, stärk’ uns diesen Glauben! Wie plaulos da alles durch einander läuft! wie viel Zerstörungssucht, Ha- der, Neid, Zank, Zwietracht! Alles ver- schworen, die Wünsche des Menschenfreun- des zu vereiteln und der göttlichen Bestimmung entgegen zu arbeiten! Doch jene goldreine Zeit wird kommen, wo die Menschheit mehr von Schlacken geläutert seyn wird! nur daſs nicht, was bei menschlichen Handlungen glänzt, uns sogleich etwas Göttliches scheine! Nicht Alles was glänzt, ist Gold. Nur daſs wir uns durch nichts, selbst nicht durch den herrlichsten kosmopolitischen Zweck, zum

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/122>, abgerufen am 25.11.2024.