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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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Die Prophetin entdeckte uns bey so be-
wandten Sachen nichts von ihrer Conferenz,
und so blieb auch die Frage: ob es angeht,
daß man erscheinen könne? unentschieden.

Nach einigen das Ableben der Dirne
treffenden Umständen, erzählte die Prophetin
uns eine zur Stiftung des Cartheuserordens
gehörige Geschichte, (die sie besser wissen wer-
den, als ich). Es war ein von der ganzen
Welt fromm geglaubter Mann; dieser starb,
und sollte begraben werden. Ohnfehlbar hat-
te man über seinen rühmlich geführten Lebens-
wandel und sein seliges Ende eine Standrede
gehalten, und da richtete er sich auf und sagte:
(Die Prophetin richtete sich im Bett' in die
Höhe!) Ich bin vor das strenge Gericht Got-
tes vorgeladen. Alles gieng der Neuheit der
Sache wegen von dannen, wiewohl unbesorgt
wegen des Urtels. -- Des folgenden Tages,
da man das Leichenbegängniß fortsetzen woll-
te, richtete sich der fromme Mann wieder auf,
und rief: Das Verhör ist vor dem Richter-
stuhl geschlossen! -- Die Leichenbegleiter und
das Volk verliessen diesmahl bänger die Lei-
che. -- Ein Verhör, dachte man; doch viel-
leicht um dem frommen Mann desto gründli-
cher zu lohnen! -- Den dritten Tag, wie be-

gierig

Die Prophetin entdeckte uns bey ſo be-
wandten Sachen nichts von ihrer Conferenz,
und ſo blieb auch die Frage: ob es angeht,
daß man erſcheinen koͤnne? unentſchieden.

Nach einigen das Ableben der Dirne
treffenden Umſtaͤnden, erzaͤhlte die Prophetin
uns eine zur Stiftung des Cartheuſerordens
gehoͤrige Geſchichte, (die ſie beſſer wiſſen wer-
den, als ich). Es war ein von der ganzen
Welt fromm geglaubter Mann; dieſer ſtarb,
und ſollte begraben werden. Ohnfehlbar hat-
te man uͤber ſeinen ruͤhmlich gefuͤhrten Lebens-
wandel und ſein ſeliges Ende eine Standrede
gehalten, und da richtete er ſich auf und ſagte:
(Die Prophetin richtete ſich im Bett’ in die
Hoͤhe!) Ich bin vor das ſtrenge Gericht Got-
tes vorgeladen. Alles gieng der Neuheit der
Sache wegen von dannen, wiewohl unbeſorgt
wegen des Urtels. — Des folgenden Tages,
da man das Leichenbegaͤngniß fortſetzen woll-
te, richtete ſich der fromme Mann wieder auf,
und rief: Das Verhoͤr iſt vor dem Richter-
ſtuhl geſchloſſen! — Die Leichenbegleiter und
das Volk verlieſſen diesmahl baͤnger die Lei-
che. — Ein Verhoͤr, dachte man; doch viel-
leicht um dem frommen Mann deſto gruͤndli-
cher zu lohnen! — Den dritten Tag, wie be-

gierig
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[84/0090] Die Prophetin entdeckte uns bey ſo be- wandten Sachen nichts von ihrer Conferenz, und ſo blieb auch die Frage: ob es angeht, daß man erſcheinen koͤnne? unentſchieden. Nach einigen das Ableben der Dirne treffenden Umſtaͤnden, erzaͤhlte die Prophetin uns eine zur Stiftung des Cartheuſerordens gehoͤrige Geſchichte, (die ſie beſſer wiſſen wer- den, als ich). Es war ein von der ganzen Welt fromm geglaubter Mann; dieſer ſtarb, und ſollte begraben werden. Ohnfehlbar hat- te man uͤber ſeinen ruͤhmlich gefuͤhrten Lebens- wandel und ſein ſeliges Ende eine Standrede gehalten, und da richtete er ſich auf und ſagte: (Die Prophetin richtete ſich im Bett’ in die Hoͤhe!) Ich bin vor das ſtrenge Gericht Got- tes vorgeladen. Alles gieng der Neuheit der Sache wegen von dannen, wiewohl unbeſorgt wegen des Urtels. — Des folgenden Tages, da man das Leichenbegaͤngniß fortſetzen woll- te, richtete ſich der fromme Mann wieder auf, und rief: Das Verhoͤr iſt vor dem Richter- ſtuhl geſchloſſen! — Die Leichenbegleiter und das Volk verlieſſen diesmahl baͤnger die Lei- che. — Ein Verhoͤr, dachte man; doch viel- leicht um dem frommen Mann deſto gruͤndli- cher zu lohnen! — Den dritten Tag, wie be- gierig

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/90>, abgerufen am 24.11.2024.