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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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gliedrig segnete; so blieb es bey der gewöhnli-
chen Erklärung, nach welcher Haube das
Gegentheil von Hut anzeiget. Dieser deutet
Freiheit an, jene Unterwerfung unter den
Willen des Mannes, und sollen also die Wei-
ber Schleyerhauben tragen, um die Engel
durch Gelegenheiten zur Untreue nicht zu be-
trüben. Die gute Predigerwittwe fand diese
Erklärung so überschwenglich, daß ich ihr zum
Andenken sie hier einrücke! Wie mag diese
Spruchstelle doch ihr Ehegatte seliger erkläret
haben? Vermuthlich legte er sie durch heidni-
sche Aufpasser in den Versammlungen der
Christen aus.

Die Engel sind die treusten Geschöpfe, die
Gott geschaffen hat, sie sind rein und selig -- --

Die Auslegung, daß die Weiber darum
Hauben zu tragen angewiesen worden, damit
sie die Engel nicht ansehen möchten, um sie zu
begehren, war meiner Mutter ein Stein des
Anstosses. -- -- Sie überlegte alles mit ih-
rem Schutzengel, und war so sehr der Mey-
nung, daß jedem Menschen ein Gefehrter zu-
geordnet wäre, der ihn in der Jugend und im
Alter begleite, daß sie nichts davon abwenden
konnte. In den Jahren, sagte sie, wenn der
Mensch im eigentlichen Sinn Mensch ist, wie

selten
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gliedrig ſegnete; ſo blieb es bey der gewoͤhnli-
chen Erklaͤrung, nach welcher Haube das
Gegentheil von Hut anzeiget. Dieſer deutet
Freiheit an, jene Unterwerfung unter den
Willen des Mannes, und ſollen alſo die Wei-
ber Schleyerhauben tragen, um die Engel
durch Gelegenheiten zur Untreue nicht zu be-
truͤben. Die gute Predigerwittwe fand dieſe
Erklaͤrung ſo uͤberſchwenglich, daß ich ihr zum
Andenken ſie hier einruͤcke! Wie mag dieſe
Spruchſtelle doch ihr Ehegatte ſeliger erklaͤret
haben? Vermuthlich legte er ſie durch heidni-
ſche Aufpaſſer in den Verſammlungen der
Chriſten aus.

Die Engel ſind die treuſten Geſchoͤpfe, die
Gott geſchaffen hat, ſie ſind rein und ſelig — —

Die Auslegung, daß die Weiber darum
Hauben zu tragen angewieſen worden, damit
ſie die Engel nicht anſehen moͤchten, um ſie zu
begehren, war meiner Mutter ein Stein des
Anſtoſſes. — — Sie uͤberlegte alles mit ih-
rem Schutzengel, und war ſo ſehr der Mey-
nung, daß jedem Menſchen ein Gefehrter zu-
geordnet waͤre, der ihn in der Jugend und im
Alter begleite, daß ſie nichts davon abwenden
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[73/0079] gliedrig ſegnete; ſo blieb es bey der gewoͤhnli- chen Erklaͤrung, nach welcher Haube das Gegentheil von Hut anzeiget. Dieſer deutet Freiheit an, jene Unterwerfung unter den Willen des Mannes, und ſollen alſo die Wei- ber Schleyerhauben tragen, um die Engel durch Gelegenheiten zur Untreue nicht zu be- truͤben. Die gute Predigerwittwe fand dieſe Erklaͤrung ſo uͤberſchwenglich, daß ich ihr zum Andenken ſie hier einruͤcke! Wie mag dieſe Spruchſtelle doch ihr Ehegatte ſeliger erklaͤret haben? Vermuthlich legte er ſie durch heidni- ſche Aufpaſſer in den Verſammlungen der Chriſten aus. Die Engel ſind die treuſten Geſchoͤpfe, die Gott geſchaffen hat, ſie ſind rein und ſelig — — Die Auslegung, daß die Weiber darum Hauben zu tragen angewieſen worden, damit ſie die Engel nicht anſehen moͤchten, um ſie zu begehren, war meiner Mutter ein Stein des Anſtoſſes. — — Sie uͤberlegte alles mit ih- rem Schutzengel, und war ſo ſehr der Mey- nung, daß jedem Menſchen ein Gefehrter zu- geordnet waͤre, der ihn in der Jugend und im Alter begleite, daß ſie nichts davon abwenden konnte. In den Jahren, ſagte ſie, wenn der Menſch im eigentlichen Sinn Menſch iſt, wie ſelten E 5

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/79>, abgerufen am 24.11.2024.