Er dachte an mich mit herzlichem väter- lichen Segen!
Meine Mutter fragt' ihn, ob es ihn leid thäte, daß ich Alexander hies. Er lächelte. Gern, wie sie schreibt, hätte sie ihn wegen seines Vaterlandes, und nach einer schwe- ren Menge ihr unauflöslicher Dinge gefragt, wenn sie, wie sie anmerkt, Herz gehabt. Er sah so himmlisch aus, daß meine Liebe sich in Achtung verwandelte, schreibt sie. Liebe frägt, fuhr sie fort; Achtung merkt auf. Mein Vater starb mit den Worten: nimm meinen Geist auf! -- Er ver- stummte nicht, schreibt meine Mutter, die- ser treue Lehrer! Er blieb nicht im Worte. Der Geist vertrat ihn und half seiner Schwachheit aus. Man hörte ganz ver- nemlich: nimm meinen Geist auf!
So bald er kalt war, sang sie das Pfingstlied:
Nun bitten wir den heiligen Geist, um den rechten Glauben allermeist,
Daß
Er dachte an mich mit herzlichem vaͤter- lichen Segen!
Meine Mutter fragt’ ihn, ob es ihn leid thaͤte, daß ich Alexander hies. Er laͤchelte. Gern, wie ſie ſchreibt, haͤtte ſie ihn wegen ſeines Vaterlandes, und nach einer ſchwe- ren Menge ihr unaufloͤslicher Dinge gefragt, wenn ſie, wie ſie anmerkt, Herz gehabt. Er ſah ſo himmliſch aus, daß meine Liebe ſich in Achtung verwandelte, ſchreibt ſie. Liebe fraͤgt, fuhr ſie fort; Achtung merkt auf. Mein Vater ſtarb mit den Worten: nimm meinen Geiſt auf! — Er ver- ſtummte nicht, ſchreibt meine Mutter, die- ſer treue Lehrer! Er blieb nicht im Worte. Der Geiſt vertrat ihn und half ſeiner Schwachheit aus. Man hoͤrte ganz ver- nemlich: nimm meinen Geiſt auf!
So bald er kalt war, ſang ſie das Pfingſtlied:
Nun bitten wir den heiligen Geiſt, um den rechten Glauben allermeiſt,
Daß
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Er dachte an mich mit herzlichem vaͤter-
lichen Segen!
Meine Mutter fragt’ ihn, ob es ihn leid
thaͤte, daß ich Alexander hies. Er laͤchelte.
Gern, wie ſie ſchreibt, haͤtte ſie ihn wegen
ſeines Vaterlandes, und nach einer ſchwe-
ren Menge ihr unaufloͤslicher Dinge gefragt,
wenn ſie, wie ſie anmerkt, Herz gehabt.
Er ſah ſo himmliſch aus, daß meine Liebe
ſich in Achtung verwandelte, ſchreibt ſie.
Liebe fraͤgt, fuhr ſie fort; Achtung merkt
auf. Mein Vater ſtarb mit den Worten:
nimm meinen Geiſt auf! — Er ver-
ſtummte nicht, ſchreibt meine Mutter, die-
ſer treue Lehrer! Er blieb nicht im Worte.
Der Geiſt vertrat ihn und half ſeiner
Schwachheit aus. Man hoͤrte ganz ver-
nemlich: nimm meinen Geiſt auf!
So bald er kalt war, ſang ſie das
Pfingſtlied:
Nun bitten wir den heiligen Geiſt,
um den rechten Glauben allermeiſt,
Daß
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 642. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/650>, abgerufen am 22.11.2024.
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