Der Tod ist Prosa, sagte mein Mutter, der Himmel Poesie. Darf ich weiter in den Text? -- Kürzen heißt nicht veruntreuen. Ich will mit Fleiß bey der Extrapost bleiben, damit Niemand meiner Mutter den Vorwurf mache: sie hätte ins Gelach hineingeredet. Meine Leser kennen sie noch nicht in der To- deslaune, die auch prosaisch war, wie der Tod. Ueber Luc. 16.
Es kommt, fieng sie zu ihren Corinthern an, alles von Gott, Glück und Unglück, Le- ben und Tod, wie Syrach im eilften Capitel und dessen vierzehnten Vers schreibt. Abra- ham war ein reicher Mann. Er würde ge- wis mit keinem curschen von Adel getauscht haben, und der König Salomo, dem der Reichthum im Postscript zufiel, wie reich war er nicht! Was ist vom ehrbaren Rathsher- ren Joseph von Arimathia zu sagen, der, so reich er war, doch auf das Reich Gottes war- tete, und der vornehmste Todtengräber gewe- sen, der je gelebt hat! Wie leicht fällt aber beym Reichen die Frage vor: Wer ist der Herr? Wer läßt sich durch Gottes Güte zur Buße leiten? Wer sagt nicht zu seinem Pal-
last
bluͤts Bruͤder des reichen Mannes geweſen waͤre!
Der Tod iſt Proſa, ſagte mein Mutter, der Himmel Poeſie. Darf ich weiter in den Text? — Kuͤrzen heißt nicht veruntreuen. Ich will mit Fleiß bey der Extrapoſt bleiben, damit Niemand meiner Mutter den Vorwurf mache: ſie haͤtte ins Gelach hineingeredet. Meine Leſer kennen ſie noch nicht in der To- deslaune, die auch proſaiſch war, wie der Tod. Ueber Luc. 16.
Es kommt, fieng ſie zu ihren Corinthern an, alles von Gott, Gluͤck und Ungluͤck, Le- ben und Tod, wie Syrach im eilften Capitel und deſſen vierzehnten Vers ſchreibt. Abra- ham war ein reicher Mann. Er wuͤrde ge- wis mit keinem curſchen von Adel getauſcht haben, und der Koͤnig Salomo, dem der Reichthum im Poſtſcript zufiel, wie reich war er nicht! Was iſt vom ehrbaren Rathsher- ren Joſeph von Arimathia zu ſagen, der, ſo reich er war, doch auf das Reich Gottes war- tete, und der vornehmſte Todtengraͤber gewe- ſen, der je gelebt hat! Wie leicht faͤllt aber beym Reichen die Frage vor: Wer iſt der Herr? Wer laͤßt ſich durch Gottes Guͤte zur Buße leiten? Wer ſagt nicht zu ſeinem Pal-
laſt
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bluͤts Bruͤder des reichen Mannes geweſen
waͤre!
Der Tod iſt Proſa, ſagte mein Mutter,
der Himmel Poeſie. Darf ich weiter in den
Text? — Kuͤrzen heißt nicht veruntreuen.
Ich will mit Fleiß bey der Extrapoſt bleiben,
damit Niemand meiner Mutter den Vorwurf
mache: ſie haͤtte ins Gelach hineingeredet.
Meine Leſer kennen ſie noch nicht in der To-
deslaune, die auch proſaiſch war, wie der Tod.
Ueber Luc. 16.
Es kommt, fieng ſie zu ihren Corinthern
an, alles von Gott, Gluͤck und Ungluͤck, Le-
ben und Tod, wie Syrach im eilften Capitel
und deſſen vierzehnten Vers ſchreibt. Abra-
ham war ein reicher Mann. Er wuͤrde ge-
wis mit keinem curſchen von Adel getauſcht
haben, und der Koͤnig Salomo, dem der
Reichthum im Poſtſcript zufiel, wie reich war
er nicht! Was iſt vom ehrbaren Rathsher-
ren Joſeph von Arimathia zu ſagen, der, ſo
reich er war, doch auf das Reich Gottes war-
tete, und der vornehmſte Todtengraͤber gewe-
ſen, der je gelebt hat! Wie leicht faͤllt aber
beym Reichen die Frage vor: Wer iſt der
Herr? Wer laͤßt ſich durch Gottes Guͤte zur
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laſt
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/65>, abgerufen am 18.12.2024.
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