Ueber die Liebe sprach er gern und gewal- tiglich! Sie hat, versichert' er, wenn er menschlich drüber sprach, die Adjectiva erfun- den. Kam er aber auf die Epistel am Sonn- tage Qvinquagesimä: Erste Corinther das dreyzehnte Capitel; so wußt ich nicht, wo ich war, sagte meine Mutter, und ob er mit Menschen- oder Engelzungen redete?
Meine Mutter hatte diese Liebessprache so zu Herzen genommen, daß auch sie in die Liebe verliebt war, wie die Priesterwittwe mit den funfzig Thalern Alb. sich ausdrückt. Wahrlich! die Liebe ist ein Hauch Gottes! ein elektrischer Funken! ein Geheimnis, so gemein sie da aussieht! -- Es gehört Kraft und Macht dazu, zu lieben und geliebt zu werden! -- Auch meine Mutter hatte Flügel der Morgenröthe, welche das Lied: Was wilt du armes Leben niederdrück- ten. Sie sprach, wie mein Vater, gewaltig- lich über die Liebe.
Die Epistel am Sonntage Qvinqvagesimä hebt sich an: Wenn ich mit Menschen und mit Engelzungen redete und hätte der
Liebe
Ueber die Liebe ſprach er gern und gewal- tiglich! Sie hat, verſichert’ er, wenn er menſchlich druͤber ſprach, die Adjectiva erfun- den. Kam er aber auf die Epiſtel am Sonn- tage Qvinquageſimaͤ: Erſte Corinther das dreyzehnte Capitel; ſo wußt ich nicht, wo ich war, ſagte meine Mutter, und ob er mit Menſchen- oder Engelzungen redete?
Meine Mutter hatte dieſe Liebesſprache ſo zu Herzen genommen, daß auch ſie in die Liebe verliebt war, wie die Prieſterwittwe mit den funfzig Thalern Alb. ſich ausdruͤckt. Wahrlich! die Liebe iſt ein Hauch Gottes! ein elektriſcher Funken! ein Geheimnis, ſo gemein ſie da ausſieht! — Es gehoͤrt Kraft und Macht dazu, zu lieben und geliebt zu werden! — Auch meine Mutter hatte Fluͤgel der Morgenroͤthe, welche das Lied: Was wilt du armes Leben niederdruͤck- ten. Sie ſprach, wie mein Vater, gewaltig- lich uͤber die Liebe.
Die Epiſtel am Sonntage Qvinqvageſimaͤ hebt ſich an: Wenn ich mit Menſchen und mit Engelzungen redete und haͤtte der
Liebe
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0647"n="639"/><p>Ueber die Liebe ſprach er gern und gewal-<lb/>
tiglich! Sie hat, verſichert’ er, wenn er<lb/>
menſchlich druͤber ſprach, die Adjectiva erfun-<lb/>
den. Kam er aber auf die Epiſtel am Sonn-<lb/>
tage Qvinquageſimaͤ: <hirendition="#fr">Erſte Corinther<lb/>
das dreyzehnte Capitel;</hi>ſo wußt ich nicht,<lb/>
wo ich war, ſagte meine Mutter, und ob er<lb/>
mit Menſchen- oder Engelzungen redete?</p><lb/><p>Meine Mutter hatte dieſe Liebesſprache<lb/>ſo zu Herzen genommen, daß auch ſie in die<lb/>
Liebe verliebt war, wie die Prieſterwittwe<lb/>
mit den funfzig Thalern Alb. ſich ausdruͤckt.<lb/>
Wahrlich! die Liebe iſt ein Hauch Gottes!<lb/>
ein elektriſcher Funken! ein Geheimnis, ſo<lb/>
gemein ſie da ausſieht! — Es gehoͤrt<lb/>
Kraft und Macht dazu, zu lieben und geliebt<lb/>
zu werden! — Auch meine Mutter hatte<lb/>
Fluͤgel der Morgenroͤthe, welche das Lied:<lb/><hirendition="#fr">Was wilt du armes Leben</hi> niederdruͤck-<lb/>
ten. Sie ſprach, wie mein Vater, gewaltig-<lb/>
lich uͤber die Liebe.</p><lb/><p>Die Epiſtel am Sonntage Qvinqvageſimaͤ<lb/>
hebt ſich an:<lb/><hirendition="#et"><hirendition="#fr">Wenn ich mit Menſchen und mit<lb/>
Engelzungen redete und haͤtte der</hi></hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Liebe</hi></fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[639/0647]
Ueber die Liebe ſprach er gern und gewal-
tiglich! Sie hat, verſichert’ er, wenn er
menſchlich druͤber ſprach, die Adjectiva erfun-
den. Kam er aber auf die Epiſtel am Sonn-
tage Qvinquageſimaͤ: Erſte Corinther
das dreyzehnte Capitel; ſo wußt ich nicht,
wo ich war, ſagte meine Mutter, und ob er
mit Menſchen- oder Engelzungen redete?
Meine Mutter hatte dieſe Liebesſprache
ſo zu Herzen genommen, daß auch ſie in die
Liebe verliebt war, wie die Prieſterwittwe
mit den funfzig Thalern Alb. ſich ausdruͤckt.
Wahrlich! die Liebe iſt ein Hauch Gottes!
ein elektriſcher Funken! ein Geheimnis, ſo
gemein ſie da ausſieht! — Es gehoͤrt
Kraft und Macht dazu, zu lieben und geliebt
zu werden! — Auch meine Mutter hatte
Fluͤgel der Morgenroͤthe, welche das Lied:
Was wilt du armes Leben niederdruͤck-
ten. Sie ſprach, wie mein Vater, gewaltig-
lich uͤber die Liebe.
Die Epiſtel am Sonntage Qvinqvageſimaͤ
hebt ſich an:
Wenn ich mit Menſchen und mit
Engelzungen redete und haͤtte der
Liebe
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 639. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/647>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.