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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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Herz kommen, was Gott bereitet hat denen,
die ihn lieben; wenn es aber gleich schwer ist,
von einer Sache zu sprechen, die kein Auge
gesehen, kein Ohr gehört, und die in keines
Menschen Herz kommen; so haben wir doch
Mosen und die Propheten, und im neuen Te-
stament die Geschichte vom reichen Mann und
armen Lazarus, wo man, des Tertullianus
und des Theophylaktus unerachtet, mehr von
den Hauptlezten Dingen hört, als uns Ver-
nunft und alle fünf Sinne zu lehren im Stan-
de sind. Die Meynung der Psychopannychi-
ten, als ob die Seelen noch in der Welt her-
um wanken, und andere dergleichen Meynun-
gen, wie abgeschnitten! Luc. 16. stand der
Text meiner Mutter, der keinen Commandan-
tenposten, sondern ein hervorstehendes Zeichen
hatte; und sollt' er nicht? -- Eine Cocarde
am Hut, sagte ein Einfällist, ein neumodi-
scher Candidat, den meine Mutter auf diese
Zeichen aufmerksam machen wollte; allein
dieses Bürschgen ward gerupft, obgleich er
noch mit seiner theologischen Scherpe und
Ringkragen, so wie er eben geprediget, oder
auf der Wache gewesen war, da stand. Un-
möglich hätt er übler wegkommen können,
wenn er einer der fünf Gemüths oder Ge-

blüts

Herz kommen, was Gott bereitet hat denen,
die ihn lieben; wenn es aber gleich ſchwer iſt,
von einer Sache zu ſprechen, die kein Auge
geſehen, kein Ohr gehoͤrt, und die in keines
Menſchen Herz kommen; ſo haben wir doch
Moſen und die Propheten, und im neuen Te-
ſtament die Geſchichte vom reichen Mann und
armen Lazarus, wo man, des Tertullianus
und des Theophylaktus unerachtet, mehr von
den Hauptlezten Dingen hoͤrt, als uns Ver-
nunft und alle fuͤnf Sinne zu lehren im Stan-
de ſind. Die Meynung der Pſychopannychi-
ten, als ob die Seelen noch in der Welt her-
um wanken, und andere dergleichen Meynun-
gen, wie abgeſchnitten! Luc. 16. ſtand der
Text meiner Mutter, der keinen Commandan-
tenpoſten, ſondern ein hervorſtehendes Zeichen
hatte; und ſollt’ er nicht? — Eine Cocarde
am Hut, ſagte ein Einfaͤlliſt, ein neumodi-
ſcher Candidat, den meine Mutter auf dieſe
Zeichen aufmerkſam machen wollte; allein
dieſes Buͤrſchgen ward gerupft, obgleich er
noch mit ſeiner theologiſchen Scherpe und
Ringkragen, ſo wie er eben geprediget, oder
auf der Wache geweſen war, da ſtand. Un-
moͤglich haͤtt er uͤbler wegkommen koͤnnen,
wenn er einer der fuͤnf Gemuͤths oder Ge-

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[58/0064] Herz kommen, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben; wenn es aber gleich ſchwer iſt, von einer Sache zu ſprechen, die kein Auge geſehen, kein Ohr gehoͤrt, und die in keines Menſchen Herz kommen; ſo haben wir doch Moſen und die Propheten, und im neuen Te- ſtament die Geſchichte vom reichen Mann und armen Lazarus, wo man, des Tertullianus und des Theophylaktus unerachtet, mehr von den Hauptlezten Dingen hoͤrt, als uns Ver- nunft und alle fuͤnf Sinne zu lehren im Stan- de ſind. Die Meynung der Pſychopannychi- ten, als ob die Seelen noch in der Welt her- um wanken, und andere dergleichen Meynun- gen, wie abgeſchnitten! Luc. 16. ſtand der Text meiner Mutter, der keinen Commandan- tenpoſten, ſondern ein hervorſtehendes Zeichen hatte; und ſollt’ er nicht? — Eine Cocarde am Hut, ſagte ein Einfaͤlliſt, ein neumodi- ſcher Candidat, den meine Mutter auf dieſe Zeichen aufmerkſam machen wollte; allein dieſes Buͤrſchgen ward gerupft, obgleich er noch mit ſeiner theologiſchen Scherpe und Ringkragen, ſo wie er eben geprediget, oder auf der Wache geweſen war, da ſtand. Un- moͤglich haͤtt er uͤbler wegkommen koͤnnen, wenn er einer der fuͤnf Gemuͤths oder Ge- bluͤts

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/64>, abgerufen am 24.11.2024.