Aus! alles aus! Amen! Amen! Auf ewig lebt wohl, lieben Leser. Mein Leopold ist hin! -- sanft und selig ehegestern, den sechs und zwanzigsten Merz, des Abends um sieben Uhr -- -- bis heute konnt ich kein Wort, und heute, was werd ich können? Wenig oder gar nichts! Wie ruhig Polt starb! -- Es war ein lieber, lieber Junge, einen Himmelszug um die Augen, welcher laut lehrte, Polt sey nicht von dieser Welt, sondern von jener! Faß dich, armes liebes Weib! Wir werden alle sterben! Gott gebe, sanft und selig! wie Polt uns vor- starb. Kinder, die den Eltern gar nicht ähn- lich sind, sind Gottes Bild, gehören ihm! Polt glich weder meinem Weibe, noch mir! Er ruhe wohl! wohl! -- -- -- Geschrieben den neun und zwan- zigsten, eben da es sieben schlägt. Polts Sterbstunde!
Mein Polt ist beerdiget und ich bin ge- faßter, als den neun und zwanzigsten um sie- ben Uhr Abends. Ich hoffe, daß ich Kraft haben werde, etwas von ihm zu schreiben? nur eine Handvoll! -- Ich hab' ihn in die-
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Aus! alles aus! Amen! Amen! Auf ewig lebt wohl, lieben Leſer. Mein Leopold iſt hin! — ſanft und ſelig ehegeſtern, den ſechs und zwanzigſten Merz, des Abends um ſieben Uhr — — bis heute konnt ich kein Wort, und heute, was werd ich koͤnnen? Wenig oder gar nichts! Wie ruhig Polt ſtarb! — Es war ein lieber, lieber Junge, einen Himmelszug um die Augen, welcher laut lehrte, Polt ſey nicht von dieſer Welt, ſondern von jener! Faß dich, armes liebes Weib! Wir werden alle ſterben! Gott gebe, ſanft und ſelig! wie Polt uns vor- ſtarb. Kinder, die den Eltern gar nicht aͤhn- lich ſind, ſind Gottes Bild, gehoͤren ihm! Polt glich weder meinem Weibe, noch mir! Er ruhe wohl! wohl! — — — Geſchrieben den neun und zwan- zigſten, eben da es ſieben ſchlaͤgt. Polts Sterbſtunde!
Mein Polt iſt beerdiget und ich bin ge- faßter, als den neun und zwanzigſten um ſie- ben Uhr Abends. Ich hoffe, daß ich Kraft haben werde, etwas von ihm zu ſchreiben? nur eine Handvoll! — Ich hab’ ihn in die-
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Aus! alles aus! Amen! Amen! Auf
ewig lebt wohl, lieben Leſer. Mein Leopold
iſt hin! — ſanft und ſelig ehegeſtern, den
ſechs und zwanzigſten Merz, des Abends um
ſieben Uhr — — bis heute konnt ich kein
Wort, und heute, was werd ich koͤnnen?
Wenig oder gar nichts! Wie ruhig Polt
ſtarb! — Es war ein lieber, lieber Junge,
einen Himmelszug um die Augen, welcher
laut lehrte, Polt ſey nicht von dieſer Welt,
ſondern von jener! Faß dich, armes liebes
Weib! Wir werden alle ſterben! Gott
gebe, ſanft und ſelig! wie Polt uns vor-
ſtarb. Kinder, die den Eltern gar nicht aͤhn-
lich ſind, ſind Gottes Bild, gehoͤren ihm!
Polt glich weder meinem Weibe, noch mir!
Er ruhe wohl! wohl! —
— —
Geſchrieben den neun und zwan-
zigſten, eben da es ſieben
ſchlaͤgt. Polts Sterbſtunde!
Mein Polt iſt beerdiget und ich bin ge-
faßter, als den neun und zwanzigſten um ſie-
ben Uhr Abends. Ich hoffe, daß ich Kraft
haben werde, etwas von ihm zu ſchreiben?
nur eine Handvoll! — Ich hab’ ihn in die-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 603. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/611>, abgerufen am 25.11.2024.
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