Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

men Aetiopica, wenn nicht blühet, so doch
vorhanden ist -- Seine Herren Amtsbrü-
der sahen, daß sich junge Leute diesen Ro-
man kauften, und verlangten, daß der Bi-
schof entweder diesen Roman öffentlich wie
einen Sodomiten verbrennen, oder seine
Mütze abnehmen solte. Der Schriftsteller
lies die Mütze fahren -- Gott sey gelobt!
Ein Bischofthum hab ich nicht zu verlieren,
und wer es genau nimmt, wird finden, daß
alles in der Welt Roman sey. Hat je ein
großer Herr das gemeine Leben, so wie es
da gemein ist, gesehen? Wer kennt die Stadt,
den Berg, das Thal aus der Beschreibung,
wenn er an Stell und Ort kommt? Curtius
hat es nur ein klein wenig zu grob gemacht;
welch ein Geschichtschreiber indessen hat ihn
nicht in der Schule übersetzt. Man behaup-
tete zu seiner Zeit, Philipp der III. König
von Spanien
sey Autor des Don Qvichotte
und Cervantes habe nur Hebammendienste
verrichtet und den Druck besorgt -- --
Wäre mein Buch also ein Roman: warum
solt ich es zurückhalten? Was Philipp dem III.
Könige von Spanien anstand, kann sich ja
wohl ein Major mit einem abgeänderten Buch-
stab im Namen gefallen laßen!

Seht

men Aetiopica, wenn nicht bluͤhet, ſo doch
vorhanden iſt — Seine Herren Amtsbruͤ-
der ſahen, daß ſich junge Leute dieſen Ro-
man kauften, und verlangten, daß der Bi-
ſchof entweder dieſen Roman oͤffentlich wie
einen Sodomiten verbrennen, oder ſeine
Muͤtze abnehmen ſolte. Der Schriftſteller
lies die Muͤtze fahren — Gott ſey gelobt!
Ein Biſchofthum hab ich nicht zu verlieren,
und wer es genau nimmt, wird finden, daß
alles in der Welt Roman ſey. Hat je ein
großer Herr das gemeine Leben, ſo wie es
da gemein iſt, geſehen? Wer kennt die Stadt,
den Berg, das Thal aus der Beſchreibung,
wenn er an Stell und Ort kommt? Curtius
hat es nur ein klein wenig zu grob gemacht;
welch ein Geſchichtſchreiber indeſſen hat ihn
nicht in der Schule uͤberſetzt. Man behaup-
tete zu ſeiner Zeit, Philipp der III. Koͤnig
von Spanien
ſey Autor des Don Qvichotte
und Cervantes habe nur Hebammendienſte
verrichtet und den Druck beſorgt — —
Waͤre mein Buch alſo ein Roman: warum
ſolt ich es zuruͤckhalten? Was Philipp dem III.
Koͤnige von Spanien anſtand, kann ſich ja
wohl ein Major mit einem abgeaͤnderten Buch-
ſtab im Namen gefallen laßen!

Seht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0608" n="598"/>
men <hi rendition="#aq">Aetiopica,</hi> wenn nicht blu&#x0364;het, &#x017F;o doch<lb/>
vorhanden i&#x017F;t &#x2014; Seine Herren Amtsbru&#x0364;-<lb/>
der &#x017F;ahen, daß &#x017F;ich junge Leute die&#x017F;en Ro-<lb/>
man kauften, und verlangten, daß der Bi-<lb/>
&#x017F;chof entweder die&#x017F;en Roman o&#x0364;ffentlich wie<lb/>
einen Sodomiten verbrennen, oder &#x017F;eine<lb/>
Mu&#x0364;tze abnehmen &#x017F;olte. Der Schrift&#x017F;teller<lb/>
lies die Mu&#x0364;tze fahren &#x2014; Gott &#x017F;ey gelobt!<lb/>
Ein Bi&#x017F;chofthum hab ich nicht zu verlieren,<lb/>
und wer es genau nimmt, wird finden, daß<lb/>
alles in der Welt Roman &#x017F;ey. Hat je ein<lb/>
großer Herr das gemeine Leben, &#x017F;o wie es<lb/>
da gemein i&#x017F;t, ge&#x017F;ehen? Wer kennt die Stadt,<lb/>
den Berg, das Thal aus der Be&#x017F;chreibung,<lb/>
wenn er an Stell und Ort kommt? <hi rendition="#fr">Curtius</hi><lb/>
hat es nur ein klein wenig zu grob gemacht;<lb/>
welch ein Ge&#x017F;chicht&#x017F;chreiber inde&#x017F;&#x017F;en hat ihn<lb/>
nicht in der Schule u&#x0364;ber&#x017F;etzt. Man behaup-<lb/>
tete zu &#x017F;einer Zeit, <hi rendition="#fr">Philipp der</hi> <hi rendition="#aq">III.</hi> <hi rendition="#fr">Ko&#x0364;nig<lb/>
von Spanien</hi> &#x017F;ey Autor des <hi rendition="#fr">Don Qvichotte</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">Cervantes</hi> habe nur Hebammendien&#x017F;te<lb/>
verrichtet und den Druck be&#x017F;orgt &#x2014; &#x2014;<lb/>
Wa&#x0364;re mein Buch al&#x017F;o ein Roman: warum<lb/>
&#x017F;olt ich es zuru&#x0364;ckhalten? Was Philipp dem <hi rendition="#aq">III.</hi><lb/>
Ko&#x0364;nige von Spanien an&#x017F;tand, kann &#x017F;ich ja<lb/>
wohl ein Major mit einem abgea&#x0364;nderten Buch-<lb/>
&#x017F;tab im Namen gefallen laßen!</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Seht</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[598/0608] men Aetiopica, wenn nicht bluͤhet, ſo doch vorhanden iſt — Seine Herren Amtsbruͤ- der ſahen, daß ſich junge Leute dieſen Ro- man kauften, und verlangten, daß der Bi- ſchof entweder dieſen Roman oͤffentlich wie einen Sodomiten verbrennen, oder ſeine Muͤtze abnehmen ſolte. Der Schriftſteller lies die Muͤtze fahren — Gott ſey gelobt! Ein Biſchofthum hab ich nicht zu verlieren, und wer es genau nimmt, wird finden, daß alles in der Welt Roman ſey. Hat je ein großer Herr das gemeine Leben, ſo wie es da gemein iſt, geſehen? Wer kennt die Stadt, den Berg, das Thal aus der Beſchreibung, wenn er an Stell und Ort kommt? Curtius hat es nur ein klein wenig zu grob gemacht; welch ein Geſchichtſchreiber indeſſen hat ihn nicht in der Schule uͤberſetzt. Man behaup- tete zu ſeiner Zeit, Philipp der III. Koͤnig von Spanien ſey Autor des Don Qvichotte und Cervantes habe nur Hebammendienſte verrichtet und den Druck beſorgt — — Waͤre mein Buch alſo ein Roman: warum ſolt ich es zuruͤckhalten? Was Philipp dem III. Koͤnige von Spanien anſtand, kann ſich ja wohl ein Major mit einem abgeaͤnderten Buch- ſtab im Namen gefallen laßen! Seht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/608
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 598. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/608>, abgerufen am 28.11.2024.