frommen Miene besitzt sieben Hufen Nabots- acker, und jene Betschwester hat jedwedes Mitglied ihres Hofstaats mit einer Narbe beehrt, welche freylich eine heilige Wunde zurückgelaßen; indessen war es doch Wunde, und ist doch Narbe. Sie wirft jedem, was ihr zu nahe kommt, mit der Bibel am Kopf, der sie nachher das Blut abwäscht und der sie mit einem Kuß abbittet. Judas, ver- räthst du des Menschen Sohn mit einem Kuß? --
Was macht die Ungnädige? fragt' ich jüngst, und der ehrwürdige Beichtvater ant- wortete: Sie geht herum nach 1 Petri 5. v. 8. Und diesen silberhärigen Greiß, die- sen Mann Gottes, solt ich seines 1 Petri 5. v. 8. wegen ansehen, wie Cain seinen Bru- der Abel? weil er nicht, wie seine Amtsbrü- der, am Wort und an der Lehre hält, weil er nicht mit jedem von und jedem und Ab- götterey treibet, das in der Bibel steht: An ihren Früchten solt ihr sie erkennen! Du sollst nicht andre Götter haben neben mir, spricht der Herr, und aus diesem Herrn ist unser Vater worden, nach dem Unterricht des, der gekommen ist, zu suchen und selig zu ma- chen, was durch Uebel-Verstand verlohren
war.
frommen Miene beſitzt ſieben Hufen Nabots- acker, und jene Betſchweſter hat jedwedes Mitglied ihres Hofſtaats mit einer Narbe beehrt, welche freylich eine heilige Wunde zuruͤckgelaßen; indeſſen war es doch Wunde, und iſt doch Narbe. Sie wirft jedem, was ihr zu nahe kommt, mit der Bibel am Kopf, der ſie nachher das Blut abwaͤſcht und der ſie mit einem Kuß abbittet. Judas, ver- raͤthſt du des Menſchen Sohn mit einem Kuß? —
Was macht die Ungnaͤdige? fragt’ ich juͤngſt, und der ehrwuͤrdige Beichtvater ant- wortete: Sie geht herum nach 1 Petri 5. v. 8. Und dieſen ſilberhaͤrigen Greiß, die- ſen Mann Gottes, ſolt ich ſeines 1 Petri 5. v. 8. wegen anſehen, wie Cain ſeinen Bru- der Abel? weil er nicht, wie ſeine Amtsbruͤ- der, am Wort und an der Lehre haͤlt, weil er nicht mit jedem von und jedem und Ab- goͤtterey treibet, das in der Bibel ſteht: An ihren Fruͤchten ſolt ihr ſie erkennen! Du ſollſt nicht andre Goͤtter haben neben mir, ſpricht der Herr, und aus dieſem Herrn iſt unſer Vater worden, nach dem Unterricht des, der gekommen iſt, zu ſuchen und ſelig zu ma- chen, was durch Uebel-Verſtand verlohren
war.
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frommen Miene beſitzt ſieben Hufen Nabots-
acker, und jene Betſchweſter hat jedwedes
Mitglied ihres Hofſtaats mit einer Narbe
beehrt, welche freylich eine heilige Wunde
zuruͤckgelaßen; indeſſen war es doch Wunde,
und iſt doch Narbe. Sie wirft jedem, was
ihr zu nahe kommt, mit der Bibel am Kopf,
der ſie nachher das Blut abwaͤſcht und der
ſie mit einem Kuß abbittet. Judas, ver-
raͤthſt du des Menſchen Sohn mit einem
Kuß? —
Was macht die Ungnaͤdige? fragt’ ich
juͤngſt, und der ehrwuͤrdige Beichtvater ant-
wortete: Sie geht herum nach 1 Petri 5.
v. 8. Und dieſen ſilberhaͤrigen Greiß, die-
ſen Mann Gottes, ſolt ich ſeines 1 Petri 5.
v. 8. wegen anſehen, wie Cain ſeinen Bru-
der Abel? weil er nicht, wie ſeine Amtsbruͤ-
der, am Wort und an der Lehre haͤlt, weil
er nicht mit jedem von und jedem und Ab-
goͤtterey treibet, das in der Bibel ſteht: An
ihren Fruͤchten ſolt ihr ſie erkennen! Du
ſollſt nicht andre Goͤtter haben neben mir,
ſpricht der Herr, und aus dieſem Herrn iſt
unſer Vater worden, nach dem Unterricht des,
der gekommen iſt, zu ſuchen und ſelig zu ma-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 589. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/599>, abgerufen am 24.11.2024.
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