dieser neuen Uebersetzer Luthers Stern und Kern, wie meine Mutter sagen würde, im Segen benutzet? Von einigen Stellen solte man fast glauben, Christus der Herr würde solch Deutsch geredet haben, wenn er diese Sprache bey seiner Amtswanderschaft auf Erden gefunden.
Ist die Bibelsprache zu erhaben? zu hei- lig? Sollen wir denn nicht heilig seyn, wie Gott der Herr? und sind wir nicht seine Kin- der? Nimmt denn Gott der Herr es übel, wenn wir in Liebe und Einfalt uns ihm auf den Schoos setzen. Kann ich mit ihm um- gehen wie die lieben Kinder mit ihrem lie- ben Vater, warum denn die affektirte Ehrer- bietung gegen ein in schwarz Corduan mit goldnem Schnitt gebundenes Buch? Wo ist ein, selbst der Natur mehr nahkommendes Werk, das so sehr unter Menschen von aller- ley Art bekannt ist? Kennen denn alle den Homer, welche die Bibel kennen? und wo ist mehr wohlthätige Volksphilosophie, kindlich größere Natur, als in der Bibel? Prüft doch die Leute näher, welche die Bi- bel, und eigentlich nicht sie, sondern das Kleid der Bibel, wie Schaubrodte, wie Re- ligion, behandeln! Der Mann da mit der
from-
dieſer neuen Ueberſetzer Luthers Stern und Kern, wie meine Mutter ſagen wuͤrde, im Segen benutzet? Von einigen Stellen ſolte man faſt glauben, Chriſtus der Herr wuͤrde ſolch Deutſch geredet haben, wenn er dieſe Sprache bey ſeiner Amtswanderſchaft auf Erden gefunden.
Iſt die Bibelſprache zu erhaben? zu hei- lig? Sollen wir denn nicht heilig ſeyn, wie Gott der Herr? und ſind wir nicht ſeine Kin- der? Nimmt denn Gott der Herr es uͤbel, wenn wir in Liebe und Einfalt uns ihm auf den Schoos ſetzen. Kann ich mit ihm um- gehen wie die lieben Kinder mit ihrem lie- ben Vater, warum denn die affektirte Ehrer- bietung gegen ein in ſchwarz Corduan mit goldnem Schnitt gebundenes Buch? Wo iſt ein, ſelbſt der Natur mehr nahkommendes Werk, das ſo ſehr unter Menſchen von aller- ley Art bekannt iſt? Kennen denn alle den Homer, welche die Bibel kennen? und wo iſt mehr wohlthaͤtige Volksphiloſophie, kindlich groͤßere Natur, als in der Bibel? Pruͤft doch die Leute naͤher, welche die Bi- bel, und eigentlich nicht ſie, ſondern das Kleid der Bibel, wie Schaubrodte, wie Re- ligion, behandeln! Der Mann da mit der
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dieſer neuen Ueberſetzer Luthers Stern und
Kern, wie meine Mutter ſagen wuͤrde, im
Segen benutzet? Von einigen Stellen ſolte
man faſt glauben, Chriſtus der Herr wuͤrde
ſolch Deutſch geredet haben, wenn er dieſe
Sprache bey ſeiner Amtswanderſchaft auf
Erden gefunden.
Iſt die Bibelſprache zu erhaben? zu hei-
lig? Sollen wir denn nicht heilig ſeyn, wie
Gott der Herr? und ſind wir nicht ſeine Kin-
der? Nimmt denn Gott der Herr es uͤbel,
wenn wir in Liebe und Einfalt uns ihm auf
den Schoos ſetzen. Kann ich mit ihm um-
gehen wie die lieben Kinder mit ihrem lie-
ben Vater, warum denn die affektirte Ehrer-
bietung gegen ein in ſchwarz Corduan mit
goldnem Schnitt gebundenes Buch? Wo iſt
ein, ſelbſt der Natur mehr nahkommendes
Werk, das ſo ſehr unter Menſchen von aller-
ley Art bekannt iſt? Kennen denn alle den
Homer, welche die Bibel kennen? und
wo iſt mehr wohlthaͤtige Volksphiloſophie,
kindlich groͤßere Natur, als in der Bibel?
Pruͤft doch die Leute naͤher, welche die Bi-
bel, und eigentlich nicht ſie, ſondern das
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 588. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/598>, abgerufen am 24.11.2024.
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