vor, als ob er die Frage mit der Serviette verhängen wolte: ihr dutzet euch?
Mine lächelte und Junker Gotthard konnte nicht umhin, ihr überm Tisch die Hand zu reichen, und ein Glas Wein drüber umzu- stürzen -- Nicht das Glas, sondern die Handgabe, war ein Greuel in den Augen des Herrn v. W -- der aber nicht einst aufschrie wie oben, da ich Minen an mein Herz nahm! -- Wie gütig! --
Ich darf es wohl nicht bemerken, daß, ausser dem wohlgemachten Pastor, wenig Leute da waren, die einen Begrif vom Zu- sammenhange in Gesellschaft hatten! -- Herr v. G -- der Selige! was meynen meine Leser, war er nicht gebohren, in eine Gesell- schaft Geist und Ordnung zu bringen, -- und selbst Waldhörnern den Cammerton bey- zulegen? Ich wette, Jupiter wäre unter seinem Vorsitz ein angenehmer Gesellschafter worden! und behaupte, daß in der Conver- sation, da wir auf seinem Gute waren, so viel Einheit, so viel Stimmung liege, daß es ein Concert heissen könnte, wenn der Kunst- richter es so erlauben will.
Wahrheiten, die jeder sieht und hört, wer kann sie aushalten? Es regnet, es hat
gereg-
vor, als ob er die Frage mit der Serviette verhaͤngen wolte: ihr dutzet euch?
Mine laͤchelte und Junker Gotthard konnte nicht umhin, ihr uͤberm Tiſch die Hand zu reichen, und ein Glas Wein druͤber umzu- ſtuͤrzen — Nicht das Glas, ſondern die Handgabe, war ein Greuel in den Augen des Herrn v. W — der aber nicht einſt aufſchrie wie oben, da ich Minen an mein Herz nahm! — Wie guͤtig! —
Ich darf es wohl nicht bemerken, daß, auſſer dem wohlgemachten Paſtor, wenig Leute da waren, die einen Begrif vom Zu- ſammenhange in Geſellſchaft hatten! — Herr v. G — der Selige! was meynen meine Leſer, war er nicht gebohren, in eine Geſell- ſchaft Geiſt und Ordnung zu bringen, — und ſelbſt Waldhoͤrnern den Cammerton bey- zulegen? Ich wette, Jupiter waͤre unter ſeinem Vorſitz ein angenehmer Geſellſchafter worden! und behaupte, daß in der Conver- ſation, da wir auf ſeinem Gute waren, ſo viel Einheit, ſo viel Stimmung liege, daß es ein Concert heiſſen koͤnnte, wenn der Kunſt- richter es ſo erlauben will.
Wahrheiten, die jeder ſieht und hoͤrt, wer kann ſie aushalten? Es regnet, es hat
gereg-
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vor, als ob er die Frage mit der Serviette
verhaͤngen wolte: ihr dutzet euch?
Mine laͤchelte und Junker Gotthard konnte
nicht umhin, ihr uͤberm Tiſch die Hand zu
reichen, und ein Glas Wein druͤber umzu-
ſtuͤrzen — Nicht das Glas, ſondern die
Handgabe, war ein Greuel in den Augen des
Herrn v. W — der aber nicht einſt aufſchrie
wie oben, da ich Minen an mein Herz nahm! —
Wie guͤtig! —
Ich darf es wohl nicht bemerken, daß,
auſſer dem wohlgemachten Paſtor, wenig
Leute da waren, die einen Begrif vom Zu-
ſammenhange in Geſellſchaft hatten! —
Herr v. G — der Selige! was meynen meine
Leſer, war er nicht gebohren, in eine Geſell-
ſchaft Geiſt und Ordnung zu bringen, —
und ſelbſt Waldhoͤrnern den Cammerton bey-
zulegen? Ich wette, Jupiter waͤre unter
ſeinem Vorſitz ein angenehmer Geſellſchafter
worden! und behaupte, daß in der Conver-
ſation, da wir auf ſeinem Gute waren, ſo
viel Einheit, ſo viel Stimmung liege, daß
es ein Concert heiſſen koͤnnte, wenn der Kunſt-
richter es ſo erlauben will.
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/544>, abgerufen am 22.11.2024.
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