Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

solte ein Sopha, dort ein Nehtischchen, hier
ein Schränkchen seyn -- da eine blane, und
wieder da eine rothe Tapete, zu stehen kom-
men!

Nur an die Schlafkammer ward nicht ge-
gedacht. Die bleibt immer dem Geschmack
des Bräutigams und der Schwiegermutter
anheim gestellt. Nachdem nun alles und je-
des bis auf die letzten vier blinkenden Nägel,
die meine Mutter, da sie am Kupferstiche ei-
nes Eyerreformators angebracht wurden, für
Sterne hielte, verabredet war, kam die Frage
zur Erörterung: ob ich Morgens oder
Nachmittags reisen solte? -- Was dar-
über für und wider verhandelt ward, ist un-
aussprechlich. Wahrlich die Andacht und
die Liebe sieht alles für Sterne an; wenn
gleich sechs für einen Vierding zu haben sind.
Ich lies nur fallen, daß wenn ich früh in
mein Land zöge, ich schwerlich mehr als zwey
ganze Tage zur Reise nöthig haben würde.
Herr v. W -- glaubte, so frühe nicht mit
allem fertig werden zu können, was doch der
Wohlstand bey dieser Gelegenheit mit sich
brächte. Der Fall war eigen -- Endlich
kamen die Präliminarien in Richtigkeit:
früh des Morgens. So sehr ich darauf

drang,

ſolte ein Sopha, dort ein Nehtiſchchen, hier
ein Schraͤnkchen ſeyn — da eine blane, und
wieder da eine rothe Tapete, zu ſtehen kom-
men!

Nur an die Schlafkammer ward nicht ge-
gedacht. Die bleibt immer dem Geſchmack
des Braͤutigams und der Schwiegermutter
anheim geſtellt. Nachdem nun alles und je-
des bis auf die letzten vier blinkenden Naͤgel,
die meine Mutter, da ſie am Kupferſtiche ei-
nes Eyerreformators angebracht wurden, fuͤr
Sterne hielte, verabredet war, kam die Frage
zur Eroͤrterung: ob ich Morgens oder
Nachmittags reiſen ſolte? — Was dar-
uͤber fuͤr und wider verhandelt ward, iſt un-
ausſprechlich. Wahrlich die Andacht und
die Liebe ſieht alles fuͤr Sterne an; wenn
gleich ſechs fuͤr einen Vierding zu haben ſind.
Ich lies nur fallen, daß wenn ich fruͤh in
mein Land zoͤge, ich ſchwerlich mehr als zwey
ganze Tage zur Reiſe noͤthig haben wuͤrde.
Herr v. W — glaubte, ſo fruͤhe nicht mit
allem fertig werden zu koͤnnen, was doch der
Wohlſtand bey dieſer Gelegenheit mit ſich
braͤchte. Der Fall war eigen — Endlich
kamen die Praͤliminarien in Richtigkeit:
fruͤh des Morgens. So ſehr ich darauf

drang,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0519" n="509"/>
&#x017F;olte ein Sopha, dort ein Nehti&#x017F;chchen, hier<lb/>
ein Schra&#x0364;nkchen &#x017F;eyn &#x2014; da eine blane, und<lb/>
wieder da eine rothe Tapete, zu &#x017F;tehen kom-<lb/>
men!</p><lb/>
        <p>Nur an die Schlafkammer ward nicht ge-<lb/>
gedacht. Die bleibt immer dem Ge&#x017F;chmack<lb/>
des Bra&#x0364;utigams und der Schwiegermutter<lb/>
anheim ge&#x017F;tellt. Nachdem nun alles und je-<lb/>
des bis auf die letzten vier blinkenden Na&#x0364;gel,<lb/>
die meine Mutter, da &#x017F;ie am Kupfer&#x017F;tiche ei-<lb/>
nes Eyerreformators angebracht wurden, fu&#x0364;r<lb/>
Sterne hielte, verabredet war, kam die Frage<lb/>
zur Ero&#x0364;rterung: ob <hi rendition="#fr">ich Morgens</hi> oder<lb/><hi rendition="#fr">Nachmittags</hi> rei&#x017F;en &#x017F;olte? &#x2014; Was dar-<lb/>
u&#x0364;ber fu&#x0364;r und wider verhandelt ward, i&#x017F;t un-<lb/>
aus&#x017F;prechlich. Wahrlich die Andacht und<lb/>
die Liebe &#x017F;ieht alles fu&#x0364;r Sterne an; wenn<lb/>
gleich &#x017F;echs fu&#x0364;r einen Vierding zu haben &#x017F;ind.<lb/>
Ich lies nur fallen, daß wenn ich fru&#x0364;h in<lb/>
mein Land zo&#x0364;ge, ich &#x017F;chwerlich mehr als zwey<lb/>
ganze Tage zur Rei&#x017F;e no&#x0364;thig haben wu&#x0364;rde.<lb/>
Herr v. W &#x2014; glaubte, &#x017F;o fru&#x0364;he nicht mit<lb/>
allem fertig werden zu ko&#x0364;nnen, was doch der<lb/>
Wohl&#x017F;tand bey die&#x017F;er Gelegenheit mit &#x017F;ich<lb/>
bra&#x0364;chte. Der Fall war eigen &#x2014; Endlich<lb/>
kamen die Pra&#x0364;liminarien in Richtigkeit:<lb/>
fru&#x0364;h des Morgens. So &#x017F;ehr ich darauf<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">drang,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[509/0519] ſolte ein Sopha, dort ein Nehtiſchchen, hier ein Schraͤnkchen ſeyn — da eine blane, und wieder da eine rothe Tapete, zu ſtehen kom- men! Nur an die Schlafkammer ward nicht ge- gedacht. Die bleibt immer dem Geſchmack des Braͤutigams und der Schwiegermutter anheim geſtellt. Nachdem nun alles und je- des bis auf die letzten vier blinkenden Naͤgel, die meine Mutter, da ſie am Kupferſtiche ei- nes Eyerreformators angebracht wurden, fuͤr Sterne hielte, verabredet war, kam die Frage zur Eroͤrterung: ob ich Morgens oder Nachmittags reiſen ſolte? — Was dar- uͤber fuͤr und wider verhandelt ward, iſt un- ausſprechlich. Wahrlich die Andacht und die Liebe ſieht alles fuͤr Sterne an; wenn gleich ſechs fuͤr einen Vierding zu haben ſind. Ich lies nur fallen, daß wenn ich fruͤh in mein Land zoͤge, ich ſchwerlich mehr als zwey ganze Tage zur Reiſe noͤthig haben wuͤrde. Herr v. W — glaubte, ſo fruͤhe nicht mit allem fertig werden zu koͤnnen, was doch der Wohlſtand bey dieſer Gelegenheit mit ſich braͤchte. Der Fall war eigen — Endlich kamen die Praͤliminarien in Richtigkeit: fruͤh des Morgens. So ſehr ich darauf drang,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/519
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/519>, abgerufen am 22.11.2024.