bungsfest, ohne zu fürchtende Belagerung, gefeyret werden konnte! --
Junker Gotthard wich nicht von dannen, und war mir ein so angenehmer lieber Gast, daß Tine selbst so viel Vergnügen in seinem Umgange fand, als sie zuvor Miswillen ge- äussert hatte.
Ich weiß nicht, wie mir der einige Aus- druck Busenfreund entfuhr, den mir Herr v. W -- entsetzlich übel nahm.
Das Wort Busenfreund, fieng Herr v. W -- an, ist das zweydeutigste, was man brauchen kann, so bald man zur heiligen Ehe schreitet. Ist man Junggesell, wo ist ein besseres zu Freund, als Busen! --
Junker Gotthard umarmte mich bren- nend, und zeigte mir, wie man auch bey der größten Rauhigkeit bieder und gut seyn könne. -- Kein großer Mann, sagte er zum Herrn v. W --, hat sich in sein Haupt- werk allein verliebt. (Es war eine Anmer- kung seines lieben seligen Vaters, die er aber besonders lenkte, ohnfehlbar dacht' er an seine schmucke Trine.) Er sucht ein Ne- benwerk und findet es. Er sieht die Beklom- menheit, die Eingeschränktheit seines Haupt- werks ein, und will der schwachen Mensch-
heit
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bungsfeſt, ohne zu fuͤrchtende Belagerung, gefeyret werden konnte! —
Junker Gotthard wich nicht von dannen, und war mir ein ſo angenehmer lieber Gaſt, daß Tine ſelbſt ſo viel Vergnuͤgen in ſeinem Umgange fand, als ſie zuvor Miswillen ge- aͤuſſert hatte.
Ich weiß nicht, wie mir der einige Aus- druck Buſenfreund entfuhr, den mir Herr v. W — entſetzlich uͤbel nahm.
Das Wort Buſenfreund, fieng Herr v. W — an, iſt das zweydeutigſte, was man brauchen kann, ſo bald man zur heiligen Ehe ſchreitet. Iſt man Junggeſell, wo iſt ein beſſeres zu Freund, als Buſen! —
Junker Gotthard umarmte mich bren- nend, und zeigte mir, wie man auch bey der groͤßten Rauhigkeit bieder und gut ſeyn koͤnne. — Kein großer Mann, ſagte er zum Herrn v. W —, hat ſich in ſein Haupt- werk allein verliebt. (Es war eine Anmer- kung ſeines lieben ſeligen Vaters, die er aber beſonders lenkte, ohnfehlbar dacht’ er an ſeine ſchmucke Trine.) Er ſucht ein Ne- benwerk und findet es. Er ſieht die Beklom- menheit, die Eingeſchraͤnktheit ſeines Haupt- werks ein, und will der ſchwachen Menſch-
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bungsfeſt, ohne zu fuͤrchtende Belagerung,
gefeyret werden konnte! —
Junker Gotthard wich nicht von dannen,
und war mir ein ſo angenehmer lieber Gaſt,
daß Tine ſelbſt ſo viel Vergnuͤgen in ſeinem
Umgange fand, als ſie zuvor Miswillen ge-
aͤuſſert hatte.
Ich weiß nicht, wie mir der einige Aus-
druck Buſenfreund entfuhr, den mir Herr
v. W — entſetzlich uͤbel nahm.
Das Wort Buſenfreund, fieng Herr v.
W — an, iſt das zweydeutigſte, was man
brauchen kann, ſo bald man zur heiligen Ehe
ſchreitet. Iſt man Junggeſell, wo iſt ein
beſſeres zu Freund, als Buſen! —
Junker Gotthard umarmte mich bren-
nend, und zeigte mir, wie man auch bey der
groͤßten Rauhigkeit bieder und gut ſeyn
koͤnne. — Kein großer Mann, ſagte er
zum Herrn v. W —, hat ſich in ſein Haupt-
werk allein verliebt. (Es war eine Anmer-
kung ſeines lieben ſeligen Vaters, die er
aber beſonders lenkte, ohnfehlbar dacht’ er
an ſeine ſchmucke Trine.) Er ſucht ein Ne-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/511>, abgerufen am 25.11.2024.
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