würdig waren, gehört so füglich nicht hie- her, und kann es, wie mich dünkt, meinen Lesern sehr gleichgültig seyn, daß der verstor- bene Junker Casimir v. W -- am nemlichen ein und dreyßigsten Julius die ersten Zahn- sprossen erhalten, und acht Tage drauf To- des verblichen. Auch zweifle ich, daß meine Leser, die nicht selbst etwa wo einen Bein- bruch erlitten, den Umstand so innigst beher- zigen werden, daß der Mutter Bruder des Herrn v. W. gleichfals am ein und dreyßig- sten Julius ein Bein gebrochen. Wer wird sich aber nicht freuen, daß ich ihn daran er- innere, wie Fräulein Tinchen den 18ten April (eben heute, da ich dieses schreibe,) gebohren ist, am Tage, da Alexander Magnus gestor- ben und Diogenes aus Sinope, der Alexan- der unter den Philosophen! --
Kurz, ehe ich im Hofe war, befragte mich der Livreybediente, der jetzt mit Man- schetten und Halsbinde völlig in Ordnung war, nach einer tiefen Bitte, es nicht auf die Rechnung strafbarer Neugierde zu schreiben, ob ich würklich als Major gestanden, oder nur meinen Abschied als Major erhalten? Nach der Zeit erfuhr ich, daß dieser Umstand, so klein er auch anscheinen dörfte, in der Eti-
kette
wuͤrdig waren, gehoͤrt ſo fuͤglich nicht hie- her, und kann es, wie mich duͤnkt, meinen Leſern ſehr gleichguͤltig ſeyn, daß der verſtor- bene Junker Caſimir v. W — am nemlichen ein und dreyßigſten Julius die erſten Zahn- ſproſſen erhalten, und acht Tage drauf To- des verblichen. Auch zweifle ich, daß meine Leſer, die nicht ſelbſt etwa wo einen Bein- bruch erlitten, den Umſtand ſo innigſt beher- zigen werden, daß der Mutter Bruder des Herrn v. W. gleichfals am ein und dreyßig- ſten Julius ein Bein gebrochen. Wer wird ſich aber nicht freuen, daß ich ihn daran er- innere, wie Fraͤulein Tinchen den 18ten April (eben heute, da ich dieſes ſchreibe,) gebohren iſt, am Tage, da Alexander Magnus geſtor- ben und Diogenes aus Sinope, der Alexan- der unter den Philoſophen! —
Kurz, ehe ich im Hofe war, befragte mich der Livreybediente, der jetzt mit Man- ſchetten und Halsbinde voͤllig in Ordnung war, nach einer tiefen Bitte, es nicht auf die Rechnung ſtrafbarer Neugierde zu ſchreiben, ob ich wuͤrklich als Major geſtanden, oder nur meinen Abſchied als Major erhalten? Nach der Zeit erfuhr ich, daß dieſer Umſtand, ſo klein er auch anſcheinen doͤrfte, in der Eti-
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wuͤrdig waren, gehoͤrt ſo fuͤglich nicht hie-
her, und kann es, wie mich duͤnkt, meinen
Leſern ſehr gleichguͤltig ſeyn, daß der verſtor-
bene Junker Caſimir v. W — am nemlichen
ein und dreyßigſten Julius die erſten Zahn-
ſproſſen erhalten, und acht Tage drauf To-
des verblichen. Auch zweifle ich, daß meine
Leſer, die nicht ſelbſt etwa wo einen Bein-
bruch erlitten, den Umſtand ſo innigſt beher-
zigen werden, daß der Mutter Bruder des
Herrn v. W. gleichfals am ein und dreyßig-
ſten Julius ein Bein gebrochen. Wer wird
ſich aber nicht freuen, daß ich ihn daran er-
innere, wie Fraͤulein Tinchen den 18ten April
(eben heute, da ich dieſes ſchreibe,) gebohren
iſt, am Tage, da Alexander Magnus geſtor-
ben und Diogenes aus Sinope, der Alexan-
der unter den Philoſophen! —
Kurz, ehe ich im Hofe war, befragte
mich der Livreybediente, der jetzt mit Man-
ſchetten und Halsbinde voͤllig in Ordnung
war, nach einer tiefen Bitte, es nicht auf die
Rechnung ſtrafbarer Neugierde zu ſchreiben,
ob ich wuͤrklich als Major geſtanden, oder
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/444>, abgerufen am 22.11.2024.
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