Gesellschaft. Lieber! warum das? warum die weißen Federbüsche, und die Wapen und die gräfliche Krone? Der gute Pastor in L -- sagte, auf den Punkt versteht der Graf keine Brüderschaft. Da ist das Krönchen leicht gebrochen. Der Graf kannte meine Familie. Solt er nicht? und nichts war ihm im Wege, als meine Mutter, die doch bürgerlichen Stan- des gewesen. Sie ist todt, lieber Graf! Freylich hebt der Tod viel, es ist nur der Ahnentafel und der Stiftsfähigkeit we- gen. Ich versicherte die gräfliche Krone, we- der an eine Ahnentafel zu denken, noch auf Stiftsfähigkeit je Anspruch zu machen; allein er druckte mir die Hand mit einem sehr be- deutenden: Kommt Zeit, kommt Rath! -- Da Gretchen alles sahe, was vorgieng, schien sie selbst einen Subordinationszug einführen zu wollen, den ich aber sogleich bey der Thür abwies! -- Die Frau Inspektorin fand voll- kommen ihre Rechnung. So bald sie bemerk- te, daß es hier auf Paar und Unpaar ankam, gieng sie bey sich selbst zu Rathe, ob und in wie weit ihr der Rang über Gretchen zustün- de? Sie übertrug dem Herrn Inspektor hie- bey Sitz und Stimme; da sie aber zu ihrem Leidwesen erfahren mußte, daß ihm der Fall
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Geſellſchaft. Lieber! warum das? warum die weißen Federbuͤſche, und die Wapen und die graͤfliche Krone? Der gute Paſtor in L — ſagte, auf den Punkt verſteht der Graf keine Bruͤderſchaft. Da iſt das Kroͤnchen leicht gebrochen. Der Graf kannte meine Familie. Solt er nicht? und nichts war ihm im Wege, als meine Mutter, die doch buͤrgerlichen Stan- des geweſen. Sie iſt todt, lieber Graf! Freylich hebt der Tod viel, es iſt nur der Ahnentafel und der Stiftsfaͤhigkeit we- gen. Ich verſicherte die graͤfliche Krone, we- der an eine Ahnentafel zu denken, noch auf Stiftsfaͤhigkeit je Anſpruch zu machen; allein er druckte mir die Hand mit einem ſehr be- deutenden: Kommt Zeit, kommt Rath! — Da Gretchen alles ſahe, was vorgieng, ſchien ſie ſelbſt einen Subordinationszug einfuͤhren zu wollen, den ich aber ſogleich bey der Thuͤr abwies! — Die Frau Inſpektorin fand voll- kommen ihre Rechnung. So bald ſie bemerk- te, daß es hier auf Paar und Unpaar ankam, gieng ſie bey ſich ſelbſt zu Rathe, ob und in wie weit ihr der Rang uͤber Gretchen zuſtuͤn- de? Sie uͤbertrug dem Herrn Inſpektor hie- bey Sitz und Stimme; da ſie aber zu ihrem Leidweſen erfahren mußte, daß ihm der Fall
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Geſellſchaft. Lieber! warum das? warum
die weißen Federbuͤſche, und die Wapen und
die graͤfliche Krone? Der gute Paſtor in L —
ſagte, auf den Punkt verſteht der Graf keine
Bruͤderſchaft. Da iſt das Kroͤnchen leicht
gebrochen. Der Graf kannte meine Familie.
Solt er nicht? und nichts war ihm im Wege,
als meine Mutter, die doch buͤrgerlichen Stan-
des geweſen. Sie iſt todt, lieber Graf!
Freylich hebt der Tod viel, es iſt nur der
Ahnentafel und der Stiftsfaͤhigkeit we-
gen. Ich verſicherte die graͤfliche Krone, we-
der an eine Ahnentafel zu denken, noch auf
Stiftsfaͤhigkeit je Anſpruch zu machen; allein
er druckte mir die Hand mit einem ſehr be-
deutenden: Kommt Zeit, kommt Rath! —
Da Gretchen alles ſahe, was vorgieng, ſchien
ſie ſelbſt einen Subordinationszug einfuͤhren
zu wollen, den ich aber ſogleich bey der Thuͤr
abwies! — Die Frau Inſpektorin fand voll-
kommen ihre Rechnung. So bald ſie bemerk-
te, daß es hier auf Paar und Unpaar ankam,
gieng ſie bey ſich ſelbſt zu Rathe, ob und in
wie weit ihr der Rang uͤber Gretchen zuſtuͤn-
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bey Sitz und Stimme; da ſie aber zu ihrem
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/428>, abgerufen am 22.11.2024.
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