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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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diesen Spruch an, und auch noch schallt er
mir ins Herz! Weide meine Lämmer --

Leopold, willst du ins Grüne?

Eben wolt ich bitten.

Komm!

ohne Strohhut?

Versteht sich --

Gretchen sowohl, als Nathanael behaup-
teten, der dritte von oben hätte viel Aehnlich-
keit von mir! Ich fand es nicht. Vater
und Mutter hatten ihn am liebsten. Schade,
daß er nicht Alexander hies, sagten die El-
tern, der älteste hies so! Das erste Kind
war eine Tochter und hies Mine! -- Wie
ich dies liebe Mädchen an mein Herz ge-
drückt! Es war es, das mir Vergißmein-
nicht brachte! Ich lies mir von Gretchen

Das Ende ihrer Mutter erzählen! wo
sehr starke Stellen drin vorkommen. Ich
will meine Leser, denen ohnehin eine Todes-
fahrt bevorsteht, mit den nähern Umständen
nicht aufhalten! -- Sie starb sehr heiter.
Ihr Tod war kein Lindentod. Wer nicht von
dieser ihrer Krankheit gewußt hätte, würde
sie in Wahrheit aus den letzten vier Wochen
ihres Lebens nicht ersehen haben. Ihre Ein-
bildungskraft war wieder eingezäunt. Ihr

Auge
C c 2

dieſen Spruch an, und auch noch ſchallt er
mir ins Herz! Weide meine Laͤmmer

Leopold, willſt du ins Gruͤne?

Eben wolt ich bitten.

Komm!

ohne Strohhut?

Verſteht ſich —

Gretchen ſowohl, als Nathanael behaup-
teten, der dritte von oben haͤtte viel Aehnlich-
keit von mir! Ich fand es nicht. Vater
und Mutter hatten ihn am liebſten. Schade,
daß er nicht Alexander hies, ſagten die El-
tern, der aͤlteſte hies ſo! Das erſte Kind
war eine Tochter und hies Mine! — Wie
ich dies liebe Maͤdchen an mein Herz ge-
druͤckt! Es war es, das mir Vergißmein-
nicht brachte! Ich lies mir von Gretchen

Das Ende ihrer Mutter erzaͤhlen! wo
ſehr ſtarke Stellen drin vorkommen. Ich
will meine Leſer, denen ohnehin eine Todes-
fahrt bevorſteht, mit den naͤhern Umſtaͤnden
nicht aufhalten! — Sie ſtarb ſehr heiter.
Ihr Tod war kein Lindentod. Wer nicht von
dieſer ihrer Krankheit gewußt haͤtte, wuͤrde
ſie in Wahrheit aus den letzten vier Wochen
ihres Lebens nicht erſehen haben. Ihre Ein-
bildungskraft war wieder eingezaͤunt. Ihr

Auge
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[403/0411] dieſen Spruch an, und auch noch ſchallt er mir ins Herz! Weide meine Laͤmmer — Leopold, willſt du ins Gruͤne? Eben wolt ich bitten. Komm! ohne Strohhut? Verſteht ſich — Gretchen ſowohl, als Nathanael behaup- teten, der dritte von oben haͤtte viel Aehnlich- keit von mir! Ich fand es nicht. Vater und Mutter hatten ihn am liebſten. Schade, daß er nicht Alexander hies, ſagten die El- tern, der aͤlteſte hies ſo! Das erſte Kind war eine Tochter und hies Mine! — Wie ich dies liebe Maͤdchen an mein Herz ge- druͤckt! Es war es, das mir Vergißmein- nicht brachte! Ich lies mir von Gretchen Das Ende ihrer Mutter erzaͤhlen! wo ſehr ſtarke Stellen drin vorkommen. Ich will meine Leſer, denen ohnehin eine Todes- fahrt bevorſteht, mit den naͤhern Umſtaͤnden nicht aufhalten! — Sie ſtarb ſehr heiter. Ihr Tod war kein Lindentod. Wer nicht von dieſer ihrer Krankheit gewußt haͤtte, wuͤrde ſie in Wahrheit aus den letzten vier Wochen ihres Lebens nicht erſehen haben. Ihre Ein- bildungskraft war wieder eingezaͤunt. Ihr Auge C c 2

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/411>, abgerufen am 25.11.2024.