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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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hat sich dieses von ihrem Manne schriftlich
versprechen laßen, und er von ihr! -- Hat
Mine es doch dem Nathanael vergeben, lie-
ber Major! Sie würden sich gewis vertra-
gen -- gut begehen hätt ich bald gesagt!
Freund, antwortete ich (selbst weiß ich nicht,
wie ich dazu kam,) da sind Türk und Ruße
Brüder! -- O lieber Herr Major! vom
Türkenkriege zu reden! -- Freylich hier
nicht, aber doch! Ja! Ich druckt ihm
die genommene Hand. Freund! das Grab
ihrer Hanna ohne Linden! Eine wolt' ich
ihr geben, ausgegangen! drey Jahr nach
einander gesetzt und ausgegangen! Wie
todt geschlagen! ohne Leben und Odem!
Mehr als eine mocht ich nicht! Warum solt
ich ihrer Mine die Sonne entziehen! -- Die
Linden nehmen sich viel heraus, wenn sie
ins wachsen kommen. Sie sind sehr Son-
nengeizig, ungerecht gegen alles, was unter
ihnen wächst.

Nach dieser Scene giengen wir in die
Kirche! Siehe! ich komme bald, halt was
du hast, das Niemand deine Krone nehme,
rief mir jede der vier Gegenden zu, Osten,
Süden, Westen, Norden! Alles war mir
so gegenwärtig, als ob es vorgieng. Mi-

nens

hat ſich dieſes von ihrem Manne ſchriftlich
verſprechen laßen, und er von ihr! — Hat
Mine es doch dem Nathanael vergeben, lie-
ber Major! Sie wuͤrden ſich gewis vertra-
gen — gut begehen haͤtt ich bald geſagt!
Freund, antwortete ich (ſelbſt weiß ich nicht,
wie ich dazu kam,) da ſind Tuͤrk und Ruße
Bruͤder! — O lieber Herr Major! vom
Tuͤrkenkriege zu reden! — Freylich hier
nicht, aber doch! Ja! Ich druckt ihm
die genommene Hand. Freund! das Grab
ihrer Hanna ohne Linden! Eine wolt’ ich
ihr geben, ausgegangen! drey Jahr nach
einander geſetzt und ausgegangen! Wie
todt geſchlagen! ohne Leben und Odem!
Mehr als eine mocht ich nicht! Warum ſolt
ich ihrer Mine die Sonne entziehen! — Die
Linden nehmen ſich viel heraus, wenn ſie
ins wachſen kommen. Sie ſind ſehr Son-
nengeizig, ungerecht gegen alles, was unter
ihnen waͤchſt.

Nach dieſer Scene giengen wir in die
Kirche! Siehe! ich komme bald, halt was
du haſt, das Niemand deine Krone nehme,
rief mir jede der vier Gegenden zu, Oſten,
Suͤden, Weſten, Norden! Alles war mir
ſo gegenwaͤrtig, als ob es vorgieng. Mi-

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[398/0406] hat ſich dieſes von ihrem Manne ſchriftlich verſprechen laßen, und er von ihr! — Hat Mine es doch dem Nathanael vergeben, lie- ber Major! Sie wuͤrden ſich gewis vertra- gen — gut begehen haͤtt ich bald geſagt! Freund, antwortete ich (ſelbſt weiß ich nicht, wie ich dazu kam,) da ſind Tuͤrk und Ruße Bruͤder! — O lieber Herr Major! vom Tuͤrkenkriege zu reden! — Freylich hier nicht, aber doch! Ja! Ich druckt ihm die genommene Hand. Freund! das Grab ihrer Hanna ohne Linden! Eine wolt’ ich ihr geben, ausgegangen! drey Jahr nach einander geſetzt und ausgegangen! Wie todt geſchlagen! ohne Leben und Odem! Mehr als eine mocht ich nicht! Warum ſolt ich ihrer Mine die Sonne entziehen! — Die Linden nehmen ſich viel heraus, wenn ſie ins wachſen kommen. Sie ſind ſehr Son- nengeizig, ungerecht gegen alles, was unter ihnen waͤchſt. Nach dieſer Scene giengen wir in die Kirche! Siehe! ich komme bald, halt was du haſt, das Niemand deine Krone nehme, rief mir jede der vier Gegenden zu, Oſten, Suͤden, Weſten, Norden! Alles war mir ſo gegenwaͤrtig, als ob es vorgieng. Mi- nens

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/406>, abgerufen am 22.11.2024.