ben besaß, daß man seine Stimme eine pro- saische Melodie nennen konnte. Der letzte Zank, den er mit unserm Reuter gehabt, war über die Zeitungen, die der Reuter in hohen Ehren hielt; er aber so wenig, daß er sich der verächtlichen Bemerkung bediente: er brauche sie nicht anders, als wenn beym Rasiren ein Einschnitt sich etwa zugetragen. Sie wußten nicht, sagte der Königliche Rath, daß sie beyde in einer Woche in die Zeitung kommen würden! -- Ich konnte den klein- sten von diesen Zügen nicht ohne ganz beson- derer Aufmerksamkeit hören. Alles nahm ich zu Herzen. Wir erinnerten uns so man- chen Streits. Der Reuter behauptete, daß nach dem neuen Testament die Zeitungen den ersten Platz verdienten, und daß eben sie die jetzige Welt für Barbarey schützen würden. Setzen Sie den Fall: man schriebe aus -- es hätte sich da ein Gespenst hören und sehen laßen, würde man nicht gleich aus Berlin antworten: kein wahres Wort -- Die Avancements waren indessen unserm Reuter das Hauptstück, die nun freylich weniger In- teresse für die Welt haben, als wenn ein Ge- spenst sich sehen und hören laßen solte. Ich lies unverhohlen, daß eben der Zeitungs-
Pane-
ben beſaß, daß man ſeine Stimme eine pro- ſaiſche Melodie nennen konnte. Der letzte Zank, den er mit unſerm Reuter gehabt, war uͤber die Zeitungen, die der Reuter in hohen Ehren hielt; er aber ſo wenig, daß er ſich der veraͤchtlichen Bemerkung bediente: er brauche ſie nicht anders, als wenn beym Raſiren ein Einſchnitt ſich etwa zugetragen. Sie wußten nicht, ſagte der Koͤnigliche Rath, daß ſie beyde in einer Woche in die Zeitung kommen wuͤrden! — Ich konnte den klein- ſten von dieſen Zuͤgen nicht ohne ganz beſon- derer Aufmerkſamkeit hoͤren. Alles nahm ich zu Herzen. Wir erinnerten uns ſo man- chen Streits. Der Reuter behauptete, daß nach dem neuen Teſtament die Zeitungen den erſten Platz verdienten, und daß eben ſie die jetzige Welt fuͤr Barbarey ſchuͤtzen wuͤrden. Setzen Sie den Fall: man ſchriebe aus — es haͤtte ſich da ein Geſpenſt hoͤren und ſehen laßen, wuͤrde man nicht gleich aus Berlin antworten: kein wahres Wort — Die Avancements waren indeſſen unſerm Reuter das Hauptſtuͤck, die nun freylich weniger In- tereſſe fuͤr die Welt haben, als wenn ein Ge- ſpenſt ſich ſehen und hoͤren laßen ſolte. Ich lies unverhohlen, daß eben der Zeitungs-
Pane-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0386"n="378"/>
ben beſaß, daß man ſeine Stimme eine pro-<lb/>ſaiſche Melodie nennen konnte. Der letzte<lb/>
Zank, den er mit unſerm Reuter gehabt,<lb/>
war uͤber die Zeitungen, die der Reuter in<lb/>
hohen Ehren hielt; er aber ſo wenig, daß er<lb/>ſich der veraͤchtlichen Bemerkung bediente:<lb/>
er brauche ſie nicht anders, als wenn beym<lb/>
Raſiren ein Einſchnitt ſich etwa zugetragen.<lb/>
Sie wußten nicht, ſagte der Koͤnigliche Rath,<lb/>
daß ſie beyde in einer Woche in die Zeitung<lb/>
kommen wuͤrden! — Ich konnte den klein-<lb/>ſten von dieſen Zuͤgen nicht ohne ganz beſon-<lb/>
derer Aufmerkſamkeit hoͤren. Alles nahm<lb/>
ich zu Herzen. Wir erinnerten uns ſo man-<lb/>
chen Streits. Der Reuter behauptete, daß<lb/>
nach dem neuen Teſtament die Zeitungen den<lb/>
erſten Platz verdienten, und daß eben ſie die<lb/>
jetzige Welt fuͤr Barbarey ſchuͤtzen wuͤrden.<lb/>
Setzen Sie den Fall: man ſchriebe aus —<lb/>
es haͤtte ſich da ein Geſpenſt hoͤren und ſehen<lb/>
laßen, wuͤrde man nicht gleich aus Berlin<lb/>
antworten: kein wahres Wort — Die<lb/>
Avancements waren indeſſen unſerm Reuter<lb/>
das Hauptſtuͤck, die nun freylich weniger In-<lb/>
tereſſe fuͤr die Welt haben, als wenn ein Ge-<lb/>ſpenſt ſich ſehen und hoͤren laßen ſolte. Ich<lb/>
lies unverhohlen, daß eben der Zeitungs-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Pane-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[378/0386]
ben beſaß, daß man ſeine Stimme eine pro-
ſaiſche Melodie nennen konnte. Der letzte
Zank, den er mit unſerm Reuter gehabt,
war uͤber die Zeitungen, die der Reuter in
hohen Ehren hielt; er aber ſo wenig, daß er
ſich der veraͤchtlichen Bemerkung bediente:
er brauche ſie nicht anders, als wenn beym
Raſiren ein Einſchnitt ſich etwa zugetragen.
Sie wußten nicht, ſagte der Koͤnigliche Rath,
daß ſie beyde in einer Woche in die Zeitung
kommen wuͤrden! — Ich konnte den klein-
ſten von dieſen Zuͤgen nicht ohne ganz beſon-
derer Aufmerkſamkeit hoͤren. Alles nahm
ich zu Herzen. Wir erinnerten uns ſo man-
chen Streits. Der Reuter behauptete, daß
nach dem neuen Teſtament die Zeitungen den
erſten Platz verdienten, und daß eben ſie die
jetzige Welt fuͤr Barbarey ſchuͤtzen wuͤrden.
Setzen Sie den Fall: man ſchriebe aus —
es haͤtte ſich da ein Geſpenſt hoͤren und ſehen
laßen, wuͤrde man nicht gleich aus Berlin
antworten: kein wahres Wort — Die
Avancements waren indeſſen unſerm Reuter
das Hauptſtuͤck, die nun freylich weniger In-
tereſſe fuͤr die Welt haben, als wenn ein Ge-
ſpenſt ſich ſehen und hoͤren laßen ſolte. Ich
lies unverhohlen, daß eben der Zeitungs-
Pane-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/386>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.