weinte -- so kostete ihm, wie er mir den folgenden Tag versicherte, dieser Besuch eine Nacht. Niemand war von unserm Kränz- chen mehr übrig, als der Prediger, der aber, wie meine Leser es ziemlich deutlich gemerkt haben werden, nur zum Collektsingen und Segensprechen gebraucht werden konnte. Er war verwandt mit dem Königlichen Rath, sonst hätt' er nicht Sitz und Stimme erhal- ten! -- Alles todt! Auch der Creyßrichter, wo ich den Königlichen Rath kennen gelernt, und seine Frau, die schon bey meiner Ab- reise ihr Gehör verlohren. Er, eher wie sie, an einer Brustkrankheit, so wie er sich selbst prophezeyt hatte! -- Junker Gotthard hatte die Frau Creyßrichterin noch am Leben gefunden, und als gewesener Hausofficier seine Schuldigkeit bey der Durchreise beob- achtet. Sie hatte ihn vorgelaßen. Schade! auch der Reuter todt! Der Königliche Rath versicherte mich, daß dieser Officier so sehr mein Freund gewesen, daß er bey meinem Entschluß Soldat zu werden, so bald er er- schollen, nichts weiter zu tadeln gefunden, als daß ich nicht sein College geworden.
Auch der Professor todt, der eine so vor- trefliche Deklamation selbst im gemeinen Le-
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weinte — ſo koſtete ihm, wie er mir den folgenden Tag verſicherte, dieſer Beſuch eine Nacht. Niemand war von unſerm Kraͤnz- chen mehr uͤbrig, als der Prediger, der aber, wie meine Leſer es ziemlich deutlich gemerkt haben werden, nur zum Collektſingen und Segenſprechen gebraucht werden konnte. Er war verwandt mit dem Koͤniglichen Rath, ſonſt haͤtt’ er nicht Sitz und Stimme erhal- ten! — Alles todt! Auch der Creyßrichter, wo ich den Koͤniglichen Rath kennen gelernt, und ſeine Frau, die ſchon bey meiner Ab- reiſe ihr Gehoͤr verlohren. Er, eher wie ſie, an einer Bruſtkrankheit, ſo wie er ſich ſelbſt prophezeyt hatte! — Junker Gotthard hatte die Frau Creyßrichterin noch am Leben gefunden, und als geweſener Hausofficier ſeine Schuldigkeit bey der Durchreiſe beob- achtet. Sie hatte ihn vorgelaßen. Schade! auch der Reuter todt! Der Koͤnigliche Rath verſicherte mich, daß dieſer Officier ſo ſehr mein Freund geweſen, daß er bey meinem Entſchluß Soldat zu werden, ſo bald er er- ſchollen, nichts weiter zu tadeln gefunden, als daß ich nicht ſein College geworden.
Auch der Profeſſor todt, der eine ſo vor- trefliche Deklamation ſelbſt im gemeinen Le-
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weinte — ſo koſtete ihm, wie er mir den
folgenden Tag verſicherte, dieſer Beſuch eine
Nacht. Niemand war von unſerm Kraͤnz-
chen mehr uͤbrig, als der Prediger, der aber,
wie meine Leſer es ziemlich deutlich gemerkt
haben werden, nur zum Collektſingen und
Segenſprechen gebraucht werden konnte.
Er war verwandt mit dem Koͤniglichen Rath,
ſonſt haͤtt’ er nicht Sitz und Stimme erhal-
ten! — Alles todt! Auch der Creyßrichter,
wo ich den Koͤniglichen Rath kennen gelernt,
und ſeine Frau, die ſchon bey meiner Ab-
reiſe ihr Gehoͤr verlohren. Er, eher wie ſie,
an einer Bruſtkrankheit, ſo wie er ſich ſelbſt
prophezeyt hatte! — Junker Gotthard
hatte die Frau Creyßrichterin noch am Leben
gefunden, und als geweſener Hausofficier
ſeine Schuldigkeit bey der Durchreiſe beob-
achtet. Sie hatte ihn vorgelaßen. Schade!
auch der Reuter todt! Der Koͤnigliche Rath
verſicherte mich, daß dieſer Officier ſo ſehr
mein Freund geweſen, daß er bey meinem
Entſchluß Soldat zu werden, ſo bald er er-
ſchollen, nichts weiter zu tadeln gefunden,
als daß ich nicht ſein College geworden.
Auch der Profeſſor todt, der eine ſo vor-
trefliche Deklamation ſelbſt im gemeinen Le-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/385>, abgerufen am 22.11.2024.
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