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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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doch in euren eignen Busen! Wie lang ists,
daß in Deutschland alles demonstrirt ward?
Man hat mir vom großen Wolf als eine
sehr wahre Anekdote erzählt, daß, als ihn ei-
ner seiner Zuhörer um eine Demonstration-
chen angetreten, das er keinen abzuschlagen
gewohnt war, er gleich auch jetzt damit fer-
tig gewesen. Da der Impetrant den Aufsatz
beym Licht besah, fand er, daß sein Pytha-
goras das Gegentheil von seinem erwünsch-
ten Satze demonstrirt, oder zu deutsch, son-
nenklar gemacht hatte. Da stand der arme
Jüngling wie Butter in der Sonne! Der
Lehrer nahm ihn bey der Hand, was mehr?
fieng er an. Man kann alles demonstriren.
Flugs demonstrirt er ihm was zu erweisen
war. Man sagt, der Jüngling sey nicht ge-
rechtfertigt in sein Haus gegangen! Ich,
wär ich Jüngling gewesen, ich hätt es mit
der ganzen Philosophie gebrochen. Die De-
monstrirzeiten, haben Gott sey gelobt! auf-
gehört. Jetzt observirt man. Man geht
auf die Jagd -- -- -- Pulver und Schrot
wird verschossen; selten trift man. So geht
alles im Zirkel! Lieben Herren, wenn die
Glocke zwölf geschlagen, gehts auf Eins,
bis es wieder an zwölf kommt -- Bald

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doch in euren eignen Buſen! Wie lang iſts,
daß in Deutſchland alles demonſtrirt ward?
Man hat mir vom großen Wolf als eine
ſehr wahre Anekdote erzaͤhlt, daß, als ihn ei-
ner ſeiner Zuhoͤrer um eine Demonſtration-
chen angetreten, das er keinen abzuſchlagen
gewohnt war, er gleich auch jetzt damit fer-
tig geweſen. Da der Impetrant den Aufſatz
beym Licht beſah, fand er, daß ſein Pytha-
goras das Gegentheil von ſeinem erwuͤnſch-
ten Satze demonſtrirt, oder zu deutſch, ſon-
nenklar gemacht hatte. Da ſtand der arme
Juͤngling wie Butter in der Sonne! Der
Lehrer nahm ihn bey der Hand, was mehr?
fieng er an. Man kann alles demonſtriren.
Flugs demonſtrirt er ihm was zu erweiſen
war. Man ſagt, der Juͤngling ſey nicht ge-
rechtfertigt in ſein Haus gegangen! Ich,
waͤr ich Juͤngling geweſen, ich haͤtt es mit
der ganzen Philoſophie gebrochen. Die De-
monſtrirzeiten, haben Gott ſey gelobt! auf-
gehoͤrt. Jetzt obſervirt man. Man geht
auf die Jagd — — — Pulver und Schrot
wird verſchoſſen; ſelten trift man. So geht
alles im Zirkel! Lieben Herren, wenn die
Glocke zwoͤlf geſchlagen, gehts auf Eins,
bis es wieder an zwoͤlf kommt — Bald

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[373/0381] doch in euren eignen Buſen! Wie lang iſts, daß in Deutſchland alles demonſtrirt ward? Man hat mir vom großen Wolf als eine ſehr wahre Anekdote erzaͤhlt, daß, als ihn ei- ner ſeiner Zuhoͤrer um eine Demonſtration- chen angetreten, das er keinen abzuſchlagen gewohnt war, er gleich auch jetzt damit fer- tig geweſen. Da der Impetrant den Aufſatz beym Licht beſah, fand er, daß ſein Pytha- goras das Gegentheil von ſeinem erwuͤnſch- ten Satze demonſtrirt, oder zu deutſch, ſon- nenklar gemacht hatte. Da ſtand der arme Juͤngling wie Butter in der Sonne! Der Lehrer nahm ihn bey der Hand, was mehr? fieng er an. Man kann alles demonſtriren. Flugs demonſtrirt er ihm was zu erweiſen war. Man ſagt, der Juͤngling ſey nicht ge- rechtfertigt in ſein Haus gegangen! Ich, waͤr ich Juͤngling geweſen, ich haͤtt es mit der ganzen Philoſophie gebrochen. Die De- monſtrirzeiten, haben Gott ſey gelobt! auf- gehoͤrt. Jetzt obſervirt man. Man geht auf die Jagd — — — Pulver und Schrot wird verſchoſſen; ſelten trift man. So geht alles im Zirkel! Lieben Herren, wenn die Glocke zwoͤlf geſchlagen, gehts auf Eins, bis es wieder an zwoͤlf kommt — Bald Ver- A a 3

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/381>, abgerufen am 25.11.2024.