Bey Leuten, die keine Bewegung haben, er- setzt das Spiel diesen Mangel. Es ist See- lenbewegung, die nöthiger ist, als die körper- liche; es ist eine Abwechslung aller Leiden- schaften, aller Jahreszeiten hätt' ich bald ge- sagt; und zur Gesundheit gehört diese Ab- wechslung. --
Der König spielt nicht; kein König sollte spielen. Spiel ist Zeitvertreib, und wer kann des Morgens Karten mischen, ohne das Unschickliche zu fühlen? Ich kenne noch kei- nen Violonisten, der nicht selbst einem treuen Kenner oder Liebhaber lästig geworden, wenn er vor Mittage gespielet!
König Friedrich hat gern Leute, die Glück haben. Wo Verstand ist, muß auch Wille seyn. Ein Entwurf will Ausführung, ein Anfang Vollendung. -- -- -- Man glaubt selbst glücklich zu werden, wenn man Glück- lichen so nahe ist, und wer beschäftigt sich nicht am liebsten mit Dingen, wo Glück da- bey ist. Drum spielt man Karten, drum setzt man in die Lotterie, drum geht man auf die Jagd, wenn man kein König ist, drum führt man Krieg, wenn man König ist. -- -- Herr v. G. sagt, alle Könige sind Spieler. --
Leb
Bey Leuten, die keine Bewegung haben, er- ſetzt das Spiel dieſen Mangel. Es iſt See- lenbewegung, die noͤthiger iſt, als die koͤrper- liche; es iſt eine Abwechslung aller Leiden- ſchaften, aller Jahreszeiten haͤtt’ ich bald ge- ſagt; und zur Geſundheit gehoͤrt dieſe Ab- wechslung. —
Der Koͤnig ſpielt nicht; kein Koͤnig ſollte ſpielen. Spiel iſt Zeitvertreib, und wer kann des Morgens Karten miſchen, ohne das Unſchickliche zu fuͤhlen? Ich kenne noch kei- nen Violoniſten, der nicht ſelbſt einem treuen Kenner oder Liebhaber laͤſtig geworden, wenn er vor Mittage geſpielet!
Koͤnig Friedrich hat gern Leute, die Gluͤck haben. Wo Verſtand iſt, muß auch Wille ſeyn. Ein Entwurf will Ausfuͤhrung, ein Anfang Vollendung. — — — Man glaubt ſelbſt gluͤcklich zu werden, wenn man Gluͤck- lichen ſo nahe iſt, und wer beſchaͤftigt ſich nicht am liebſten mit Dingen, wo Gluͤck da- bey iſt. Drum ſpielt man Karten, drum ſetzt man in die Lotterie, drum geht man auf die Jagd, wenn man kein Koͤnig iſt, drum fuͤhrt man Krieg, wenn man Koͤnig iſt. — — Herr v. G. ſagt, alle Koͤnige ſind Spieler. —
Leb
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Bey Leuten, die keine Bewegung haben, er-
ſetzt das Spiel dieſen Mangel. Es iſt See-
lenbewegung, die noͤthiger iſt, als die koͤrper-
liche; es iſt eine Abwechslung aller Leiden-
ſchaften, aller Jahreszeiten haͤtt’ ich bald ge-
ſagt; und zur Geſundheit gehoͤrt dieſe Ab-
wechslung. —
Der Koͤnig ſpielt nicht; kein Koͤnig
ſollte ſpielen. Spiel iſt Zeitvertreib, und wer
kann des Morgens Karten miſchen, ohne das
Unſchickliche zu fuͤhlen? Ich kenne noch kei-
nen Violoniſten, der nicht ſelbſt einem treuen
Kenner oder Liebhaber laͤſtig geworden, wenn
er vor Mittage geſpielet!
Koͤnig Friedrich hat gern Leute, die Gluͤck
haben. Wo Verſtand iſt, muß auch Wille
ſeyn. Ein Entwurf will Ausfuͤhrung, ein
Anfang Vollendung. — — — Man glaubt
ſelbſt gluͤcklich zu werden, wenn man Gluͤck-
lichen ſo nahe iſt, und wer beſchaͤftigt ſich
nicht am liebſten mit Dingen, wo Gluͤck da-
bey iſt. Drum ſpielt man Karten, drum
ſetzt man in die Lotterie, drum geht man auf
die Jagd, wenn man kein Koͤnig iſt, drum
fuͤhrt man Krieg, wenn man Koͤnig iſt. — —
Herr v. G. ſagt, alle Koͤnige ſind Spieler. —
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/38>, abgerufen am 21.11.2024.
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