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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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sucht! der steht einem Könige nicht übel, viel-
leicht ist er uns allen nützlich. Dieser Neid
schadet dem andern nicht, sondern ist nur be-
müht, sich nicht vorkommen zu lassen. Wir
sind alle faul von Natur, und brauchen Lei-
denschaften-Vorspann, um weiter zu kom-
men? --

König! wo kommts her? Von können!
Kung, wie du weißt, heißt im Lettischen Herr.
Nicht, als ob meine Achtung für Könige eine
Folge von der Meinung wäre, die ich für die
Person selbst habe. Meine Achtung ist so rein
nicht, als ein mathematisches Problem; du
kannst es nicht vergessen haben, daß ich von
je her des Dafürhaltens gewesen, der monar-
chische Staat würde uns in mancherley Hin-
sicht zum Reiche Gottes führen. Wilde Bäu-
me haben Stacheln. Ungezähmte Thiere fal-
len den Menschen, ihren Herrn, an! Und lehrts
nicht die tägliche Erfahrung, daß sich ein freyer
Staat sehr bald in kleine Fingerlange König-
reiche zergliedert; hier und dort und da fängt
sich ein Mensch zu verbreiten an! Da gehts
ihm denn freylich wie dem menschlichen Kör-
per, der, wenn er in gewisse Jahre kommt,
an Größe in der Breite, mit dem Verlust der
Kräfte und Wirksamkeit zunimmt. Das Gan-

ze

ſucht! der ſteht einem Koͤnige nicht uͤbel, viel-
leicht iſt er uns allen nuͤtzlich. Dieſer Neid
ſchadet dem andern nicht, ſondern iſt nur be-
muͤht, ſich nicht vorkommen zu laſſen. Wir
ſind alle faul von Natur, und brauchen Lei-
denſchaften-Vorſpann, um weiter zu kom-
men? —

Koͤnig! wo kommts her? Von koͤnnen!
Kung, wie du weißt, heißt im Lettiſchen Herr.
Nicht, als ob meine Achtung fuͤr Koͤnige eine
Folge von der Meinung waͤre, die ich fuͤr die
Perſon ſelbſt habe. Meine Achtung iſt ſo rein
nicht, als ein mathematiſches Problem; du
kannſt es nicht vergeſſen haben, daß ich von
je her des Dafuͤrhaltens geweſen, der monar-
chiſche Staat wuͤrde uns in mancherley Hin-
ſicht zum Reiche Gottes fuͤhren. Wilde Baͤu-
me haben Stacheln. Ungezaͤhmte Thiere fal-
len den Menſchen, ihren Herrn, an! Und lehrts
nicht die taͤgliche Erfahrung, daß ſich ein freyer
Staat ſehr bald in kleine Fingerlange Koͤnig-
reiche zergliedert; hier und dort und da faͤngt
ſich ein Menſch zu verbreiten an! Da gehts
ihm denn freylich wie dem menſchlichen Koͤr-
per, der, wenn er in gewiſſe Jahre kommt,
an Groͤße in der Breite, mit dem Verluſt der
Kraͤfte und Wirkſamkeit zunimmt. Das Gan-

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[29/0035] ſucht! der ſteht einem Koͤnige nicht uͤbel, viel- leicht iſt er uns allen nuͤtzlich. Dieſer Neid ſchadet dem andern nicht, ſondern iſt nur be- muͤht, ſich nicht vorkommen zu laſſen. Wir ſind alle faul von Natur, und brauchen Lei- denſchaften-Vorſpann, um weiter zu kom- men? — Koͤnig! wo kommts her? Von koͤnnen! Kung, wie du weißt, heißt im Lettiſchen Herr. Nicht, als ob meine Achtung fuͤr Koͤnige eine Folge von der Meinung waͤre, die ich fuͤr die Perſon ſelbſt habe. Meine Achtung iſt ſo rein nicht, als ein mathematiſches Problem; du kannſt es nicht vergeſſen haben, daß ich von je her des Dafuͤrhaltens geweſen, der monar- chiſche Staat wuͤrde uns in mancherley Hin- ſicht zum Reiche Gottes fuͤhren. Wilde Baͤu- me haben Stacheln. Ungezaͤhmte Thiere fal- len den Menſchen, ihren Herrn, an! Und lehrts nicht die taͤgliche Erfahrung, daß ſich ein freyer Staat ſehr bald in kleine Fingerlange Koͤnig- reiche zergliedert; hier und dort und da faͤngt ſich ein Menſch zu verbreiten an! Da gehts ihm denn freylich wie dem menſchlichen Koͤr- per, der, wenn er in gewiſſe Jahre kommt, an Groͤße in der Breite, mit dem Verluſt der Kraͤfte und Wirkſamkeit zunimmt. Das Gan- ze

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/35>, abgerufen am 27.11.2024.